HIRSCHBERG / JELENIA GÓRA – BAD WARMBRUNN / CIEPLICE ŚLĄSKIE ZDRÓJ
Die Außeninstandsetzung des barocken Ev. Pfarrhauses erfolgte 2014 zusammen mit der Fassadensanierung der benachbarten Ev. Erlöserkirche. Dem jungen Pfarrer-Ehepaar ist es gelungen, Ende 2013 EU-Mittel für beide Projekte zu akquirieren. Der Eigenmittelanteil der Kirchengemeinde wurde von der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz mit Mitteln der Beauftragten für Kultur und Medien und der Erika-Simon-Stiftung in Rinteln mitfinanziert.
DPS-Förderprojekt 2014. Das im Stil des schlesischen Barock erbaute Pfarrhaus war zuletzt 1930 umfassend renoviert worden. Nach vielen unsachgemäße Ausbesserungen war die Außenhülle des Baudenkmals dringend sanierungsbedürftig.
Bad Warmbrunn, polnisch Cieplice Śląskie-Zdrój, liegt am Fuß des Riesengebirges in der Woiwodschaft Niederschlesien, ca. 70 Km von Görlitz. Warmbrunn wird von vier Gebirgsketten umgeben und ist der älteste und einer der beliebtesten Kurorte in Polen. Er ist seit Jahrhunderten für seine Heilthermalquellen berühmt und seit 1975 ein Stadtteil von Hirschberg (Jelenia Góra). Das Ev. Pfarrhaus steht im Zentrum des Kurorts neben der Westseite der Ev. Erlöserkirche und unweit der Propsteikirche St. Johannes sowie des Schaffgottschen Palais in der Strasse Plac Piastowski 18, die heute Fußgängerzone ist. Das evangelische Bauensemble grenzt an den historischen Kurpark an.
Das Pfarrhaus in Bad Warmbrunn entstand 1743-44 zusammen mit hölzernen Bethaus, Friedhof und Mauereinfriedung. Nachdem das Bethaus 1774 bis 1777 durch den bis heute erhaltenen Massivbau der Erlöserkirche ersetzt wurde (siehe dazu mehrunter dem Förderprojekt Ev. Erlöserkirche Bad Warmbrunn auf der DPS-Homepage), ist das Pfarrhaus der älteste Teil des Ensembles. Im Dehio Schlesien ist der Bau auf S. 397 zusammen mit der Erlöserkirche und der Ev. Schule (1749 genannt). An seine Rückfront wurde Ende 19. / Anfang 20. Jh. zur Aufnahme eines Aborts ein einachsiger Mittelrisalit mit Holzerker angebaut. 1930 wurde das Pfarrhaus umfassend renoviert und 1965 in die Denkmalliste eingetragen.
Das barocke Pfarrhaus der Ev.-Augsburgischen Heilands-Kirchengemeinde in Bad Warmbrunn ist ein harmonisch proportionierter Solitärbau auf rechteckigem Grundriss und mit zwei Vollgeschossen und Keller ausgestattet. Der Putzbau steht traufenständig mit der südlichen Längsseite zur heutigen Fußgängerzone. Seine ockerfarbene (Befund) Außenfassade bekrönt ein profiliertes ausladendes Kranzgesims über dem sich ein ziegelgedecktes hohes gaupenbesetztes Vollwalmdachmit zweistöckigem Dachstuhl erhebt (Dachneigung 51 Grad). Die Längsfassaden sind in fünf, die Schmalseiten in vier Fensterachsen gegliedert. Die Fenstergewände und die proflierte Korbbogenlaibung des mittig in der Vorderfassade angeordneten Eingangsportals sind aus Sandstein gefertigt. Der Schlussstein über der Hauseingangstür weist die Jahreszahl 1744 als Erbauungsjahr aus. Das barocke Erscheinungsbild des Bauwerks ist erhalten. Dazu tragen Vierflügelfenster mit Sechserteilung und weißer Sprossung bei. Zwei die Dachfirstlinie überragende schlanke rechteckige Schornsteinköpfe setzen weitere architektonische Akzente. Im Gebäudeinneren hat sich unter Aufputz eine farbig gefasste Holzdecke erhalten, die auf 1744 datiert wird.
An der Erhaltung des barocken Ev. Pfarrhauses von Bad Warmbrunn besteht aufgrund der städtebaulichen Bedeutung des Baudenkmals im historischen Zentrum von Bad Warmbrunn und seiner architekturgeschichtlichen Bedeutung als Zeugnis barocker protestantischer Baukunst in Schlesien ein besonderes öffentliches Interesse.
Die Außenhülle des Pfarrhauses war zuletzt völlig verschlissen. Der Außenputz, zuletzt ein denkmalunverträglicher Zementputz, fiel in großen Lagen ab, lag hohl, war rissig und im Sockelbereich stark versalzen. Die Sandstein-Fenstergewände waren z.T. gerissen und mit Zementputz überfasst, die ie Holzsubstanz der Fenster verbraucht. Der Dachstuhl zeigte hingegen nur Schäden an den Sparrenfußpunkten und die Mauerlatte war zu erneuern. Dachhaut und Gaupen mussten saniert werden.
Die Maßnahme Außensanierung des Pfarrhauses war Bestandteil eines von der Europäischen Union geförderten Gesamtprojekts, das die Instandsetzung der Fassaden der Erlöserkirche inkl. der Außenfassade des Turms und dessen Fenster sowie der Außenanlagen des Ensembles mit beinhaltete. Zugewendet wurden Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bei einem Gesamtkostenvolumen von 605.000 EUR. Angerechnet auf die EU-Förderung wurden 225.000 EUR, die u.a. mit der finanziellen Unterstützung des Beauftragten der deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien und der Erika-Simon-Stiftung sowie ausgereicht von der Deutsch-Polnischen Stiftung für Kulturpflege und Denkmalschutz unmittelbar die Jahre zuvor in fachgerecht ausgeführte Erhaltungsmaßnahmen an der Erlöserkirche geflossen sind (Glockensanierung 2010, Dachinstandsetzung Schiff 2011/12 und Fensterinstandsetzung Schiff 2012-2013).
An den verbleibenden 380.000 EUR Baukosten beteiligte sich die EU mit einer 70 Prozent-Förderung bei Kirche und Außenanlagen sowie einer 49 Prozent-Förderung beim Pfarrhaus. Bei der Ausschreibung erhielt der günstigste Bieter mit 279.000 EUR für die Arbeiten an Erlöserkirche und Pfarrhaus den Zuschlag. 150.000 EUR wurden für die Sanierung der Außenanagen, Einfriedung, Audioguides für die Kirche, Überwachungssystem, 4 Ausstellungsvitrinen für ein Museum im Erdgeschoss des Pfarrhauses und die kompletten Baunebenkosten aufgewendet. Damit ergab sich für das EU-geförderte Gesamtprojekt eine Kostenmehrung für die Kirchengemeinde in Höhe von 49.000 EUR.
Für die finanzielle Absicherung der Sanierungskosten für das Pfarrhaus (124.500 EUR) und damit des Gesamtprojekts benötigte die Kirchengemeinde dringend die Unterstützung der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz. Die Stiftung konnte die 2014 erfolgte Außensanierung des Pfarrhauses mit 33.500 EUR mitfinanzieren, und dies als Maßnahmenträger mit ihr von der Beauftragten der deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien zugewendeten 28.500 EUR und einer zweckgebundenen Spende der Erika-Simon-Stiftung in Rinteln in Höhe von 5.000 EUR. Ausfinanziert wurden die Gesamtkosten mit Fördermitteln des Marschallamts und Eigenmitteln der Kirchengemeinde.
Die Herrichtung des Pfarrhaus-Erdgeschosses als öffentliches Museum erfolgte durch die Kirchengemeinde in Eigenleistung. Die junge Pfarrersfamilie hat das Obergeschoss bezogen. Das im Erdgeschoss präsentierte historische Ausstellungsgut vermittelt die Entwicklungsgeschichte der Ev.-Augsburgischen Kirche und Kirchengemeinde in Bad Warmbrunn und umfasst als Exponate Kerzenleuchter, Taufschalen, antiquarische Schriften, alte Bibeln und Mobiliar aus dem Bestand der Kirchengemeinde, die bislang öffentlich nicht zugänglich gewesen sind.
Bei den Sanierungsarbeiten im Dachstuhl entdeckte alte Kirchenbücher und eine Porträtdarstellung in restaurierungsbedürftigem Zustand, das den preußischen König Friedrich Wilhelm III darstellt, werden ebenfalls gezeigt. Das auf Metall gemalte Königsporträt enthält auf der Rückseite den handgeschriebenen Hinweis „Dieses Portrait schenkte zur Dankbarkeit und immerwährenden Andenken von dem Friedens Feste. Weil Warmbrunn bez. (bezüglich)dem Verwüstenden französischen Kriege 1813 vom Leide verschont geblieben. Der hiesige Kauf- und Landesmann Johann Gottlob Grüttner In Num.(Nummer) 2.1.3. wohnhaft. Warmbrunn d/12 ten(den zwölften) November 1814“.
Die 2014 erfolgte Sanierungsmaßnahme am Pfarrhaus umfasste folgende Leistungen:
Reparaturarbeiten an Dachstuhl, Holzdecken und Holzerker (Zimmererarbeiten inkl. Holzschutz), Dachneueindeckung mit Tonbiberziegeln in Kronendeckung (Dachdeckerarbeiten), Erneuerung der Dachentwässerung und Gaupenabdichtungen in Zinkblech (Klempnerarbeiten), Ersatz der einfach verglasten vierflügeligen Holzfenster (überwiegend Kastenfenster) durch vierflügelige doppelverglaste Verbundfenster in Holz (Tischler- und Glaserarbeiten), Erneuerung Außentüren, Fassadenputz im Erdgeschoss, Überarbeitung Fassadenputz im Obergeschoss durch Egalisierung und Angleichung und Fassadenneuanstrich (Putz- und Malerarbeiten) sowie Sanierung Natursteinelemente: Reinigung mit Keim Steinreiniger N, Reparatur unter Verwendung von Steinergänzungsmittel, Hydrophobierung Keim Lotexan N.
Folgende Materialien sind für die Erhaltung und Wiederherstellung von Natursteinelementen verwendet worden: KEIM Algicid zur Stärkung Stein-Oberflächen (farblos auf Kieselsäureesterbasis), KEIM Restauro Grund – Mörtel zum Füllen tiefer Kavitäten, KEIM Restauro – Top-Flächenreparaturmörtel, KEIM Restauro Fuge – zur Bearbeitung geschädigter Mörtelfugen.
Für den Umgang mit dem Altputz wurde eine Fachkommission gebildet, der, neben dem Vertreter des Denkmalamts u.a. Raphael Eysymont vom Kunstgeschichtlichen Institut der Universität Breslau angehörte. Beim Wandputz wurde auf ein Produkt von Caparol verwendet, das den Standards der WTA entspricht. Aufgrund der Farbbefunduntersuchungen hat das gegenüber der Kirche rund 30 Jahre ältere Pfarrhaus einen etwas andersfarbigen Ocker-Fassadenfarbton erhalten (Keim-Silikat-Farbe 9051). Holz-Erker und-Dachgesims, Veranda und Eingangstür wurden im Farbton Berliner Grün 30 (ins Graue gehend) mit undurchsichtigem Halbglanzlack als Schutz gefasst. Dito wurde bei den Seitenwänden der Dachgaupen verfahren. Die rückseitige Eingangstür ist in altem Eichenfarbton transparent gefasst.
Die neuen je zwei Dachgaupen an den Schmalseiten des Gebäudes sowie die je zwei neuen liegenden Dachfenster über den je drei Bestandsgaupen auf den Längsseiten hatte die Kirchengemeinde mit dem Denkmalamt abgestimmt: Die Größe des Dachs vertrage diese zusätzlichen Öffnungen, hieß es in der fachliche Stellungnahme des Denkmalamts. Der Dachstuhl wurde innengedämmt für eine eventuelle spätere Nutzung als Versammlungsraum für Kleingruppen
Um die Denkmalstandards einzuhalten, hat die DPS der Kirchengemeinde die fachliche Begleitung und Beratung der Bauausführung durch das Görlitzer Fortbildungszentrum für Handwerk und Denkmalpflege auferlegt. Es beriet Kirchengemeinde und ausführende Baufirma auch bei den Arbeiten an der Kirche und hat u.a. darauf geachtet, dass an beiden Bauten ein denkmalgerechter Außenputz und –anstrich angebracht wurde. Das Fortbildungszentrum nahm 14 Ortstermine wahr und wurde von der Kirchengemeinde separat vergütet.
Der Ausführung der Maßnahmen an Pfarrhaus und Kirche vorangestellt gewesen war jeweils eine gründliche Bauuntersuchung und Bestandsaufnahme
Bei der Endabnahme der Arbeiten am Pfarrhaus wurde deren fachgerechte Ausführung von der Denkmalbehörde bestätigt. Die erfolgten Maßnahmen sind abschließend umfangreich dokumentiert worden.
Durch die Mitförderung der Pfarrhausinstandsetzung seitens der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz mit den ihr anvertrauten Bundes- und Spendenmitteln ist mit dem niedrigen Geldbudget, das für die Sanierungsarbeiten am Pfarrhaus insgesamt zur Verfügung stand, ein brauchbares Sanierungsergebnis erzielt worden. Kirche und Pfarrhaus sind durch die erfolgten Arbeiten in erheblichem Maße aufgewertet und haben dadurch an kulturtouristischer Anziehungskraft gewonnen. Die Förderung hat zudem der DPS-Satzung gemäß zum polnisch-deutschen denkmalpflegerischen Fachaustausch im grenznahen Raum (Woiwodschaft Niederschlesien – Sachsen, Niederschlesischer Oberlausitzkreis) beigetragen. Explizit haben sich das Denkmalamt in Jelenia Góra, die ausführende Baufirma in Breslau, der zuständige Bauinspektor und das Görlitzer Fortbildungszentrum für Handwerk und Denkmalpflege in fruchtbarem Diskurs zu den das Förderprojekt betreffenden Bauausführungsmethoden und -details ausgetauscht und abgestimmt.
- Bauherr: Ev.-Augsburgische Heilands-Kirchengemeinde Hirschberg-Bad Warmbrunn (Parafia ewangelicko-augsburgska „Zbawiciela“, Plac Piastowski 18, 58-560 Jelenia Góra Cieplice) – vertreten durch Pfarrer Sebastian Koziel
- Bauausführende Firma: Przedsiębiorstwo Projektowo-Wykonawcze Praśniewski sp. z o.o., ul. Jedności Narodowej 60/14, 50-528 Wrocław
- Bauinspektor: mgr inż. Krzysztof Ałykow, ul. Kościuszki 1/4, PL-59800 Lubań
- Fachliche Betreuung für die DPS: Markus Kepstein (Meister Zimmererhandwerk), Görlitzer Fortbildungszentrum für Handwerk und Denkmalpflege e.V., Gottfried-Kiesow-Platz 1 , 02826 Görlitz