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PITSCHEN / BYCZYNA

Die zwischen 1886 und 1888 von der renommierten Glasmalerei-Werkstatt Adolph Seiler aus Breslau / Wrocław für die Ev. Nikolaikirche in Pitschen / Byczyna erschaffenen Buntglasfenster sind stark in Mitleidenschaft gezogen gewesen. Die zuständige Kirchengemeinde in Wołczyn / Konstadt / Wołczyn war bereits 2019 auf die Deutsch-Polnische Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz (DPS) zugegangen, um sie für die Sanierung der Fenster zu gewinnen. Noch am besten überkommen gewesen sind sechs der acht Chorfenster, derer sich die DPS 2021 annahm. Zuerst konnte mit Hilfe der DPS für das Projekt fachkompetente Betreuung organisiert werden, mit deren Hilfe es gelungen ist, die von Kirchengemeinde und Denkmalamt gewollte Rekonstruktion der Fehlstellen - 50 Prozent der historischen Glasmalerei der sechs Fenster sind verlorengegangen - im figürlichen und gegenständlichen Bereich so zu gestalten, dass die Nachbildung (Aposteldarstellungen und christliche Symbole) von der Originalverglasung optisch unterschieden werden kann. Dank finanzieller Unterstützung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und eines privaten Spenders konnte das Projekt mit der DPS als Maßnahmenträger erfolgreich umgesetzt werden.

Die für die St. Nikolauskirche in Pitschen / Byczyna zuständige Ev.-Augsburgische Kirchengemeinde in Wołczyn / Konstadt „Parafia Ewangelicko-Augsburska w Wołczynie“ unterhält, neben ihrem Gotteshaus in Konstadt, noch drei Filialkirchen, darunter die Stadtkirche in Pitschen, die am Plac Wolności 1 (Konstadt-Platz) steht und ihr größtes Gotteshaus ist. Die Kirchengemeinde zählt insgesamt 182 Mitglieder, davon 60 für Pitschen. Ihr oberster Vertreter ist der zuvor in Posen / Poznań tätige junge Pfarradministrator Marcin Liberacki, der im Oktober 2019 erstmals an die Deutsch-Polnische Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz (DPS) mit der Bitte um Unterstützung bei der Anfertigung einer Dokumentation über den schlechten Bauzustand der historischen Kirchenglasmalereifenster herantrat.

Konkret um Unterstützung ersuchte Pfarrer Liberacki die DPS dann im November 2020. Das Kirchendach hatte nach 1962 im Jahre 2003 neu gedeckt werden können. Der Bauzustand von Außenfassade und Innenraum der Kirche gilt als nicht problematisch. Ganz im Gegensatz dazu präsentierten sich die Kirchenbuntglasfenster, die zwischen 1886 und 1888 von der renommierten Glasmalerei-Werkstatt Adolph Seiler aus Breslau / Wrocław erschaffen wurden und bei denen ca. 50 Prozent der Originalsubstanz erhalten sind. Zweiter Weltkrieg und anschließende Vertreibung der deutschen Bevölkerung sowie eine infolgedessen ausgezehrte Ev. Kirche hinterließen an den Fenstern deutliche Spuren.

Pfarrer Liberacki startete zunächst den Versuch, die Sanierung und Restaurierung der 20 Fenster, die von der Firma Adolph Seiler aus Breslau mit Glasmalerei  ausgestattet worden waren, 2021 in einer Etappe zur Ausführung zu bringen. Er  beantragte dafür Ende Oktober 2020 beim Polnischen Kulturministerium rund 67.000 EUR, weitere 45.000 EUR beim Ev.-Kirchenfonds und erhoffte sich über die DPS zusätzlich eine Zuwendung in Höhe von 40.000 EUR aus deutschen Bundesmitteln. Zusammen mit den Eigenmitteln der Kirchengemeinde sollten so 156.390,00 EUR zur Finanzierung des preisgünstigsten Kostenangebots zusammenkommen. Jedoch versagte das Polnische Kulturministerium im März 2021 die Bewilligung des Förderantrags. Und da für die DPS auch inhaltliche Fragen zu dem Projekt offen waren, hatte sich die Kirchengemeinde bis dato noch nicht dazu veranlasst gesehen, eine Antragstellung bei BKM zu forcieren.

Im April 2021 pflegte Pfarrer Liberacki dann intensiven Kommunikationsaustausch mit der DPS, der von der Komplettierung der Antragsunterlagen begleitet wurde und an dessen Ende sich ein Projekt herausgeschält hat, das die DPS jetzt zum Gegenstand eines Förderantrags für 2021 an BKM machte. Die zur Förderung 2021 beantragte und der DPS von BKM bewilligte Restaurierungsmaßnahme konzentrierte auf eine erste Etappe, die mit den 6 schmalen spitzbogigen Chor-Buntglasfenstern jenen Bestand an originaler Glasmalerei umfasste, der in der Kirche noch am weitestgehenden erhalten ist.

Die zur Förderung beantragte Maßnahme war die letzte Chance für die Rettung der noch erhaltenen Chorfenster-Glasmalerei. Sie schützt das Presbyterium vor weiterem Feuchteeintrag und die Kirche vor weiterem Verfall. Die Ev. Stadtkirche St. Nikolai hat damit ein Stück ihrer Würde zurückerhalten.

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Pitschen / Byczyna liegt im nordwestlichen Teil Oberschlesiens im Kreuzburger Land in der Oels-Kreuzburger Ackerebene. Die Stadt ist rund 16 Kilometer nördlich von der Kreisstadt Kluczbork (Kreuzburg O.S.) und 63 Kilometer nordöstlich von der Woiwodschaftshauptstadt Opole entfernt. Ca. 4 Kilometer nördlich von Byczyna liegt die Grenze zur Woiwodschaft Łódź.

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1268 verlieh der Breslauer Bischof den bestehenden und künftigen Zehnten aus dem Pitschener Distrikt dem Breslauer Domkapitel. Es wird angenommen, dass um diese Zeit die Besiedlung mit Deutschen erfolgte und Pitschen deutschrechtlich umgesetzt wurde. Die Stadt war von einer Mauer umgeben, in der sich im Westen das „Deutsche Tor“ und im Osten das „Polnische Tor“ befanden.

Pitschen gehörte zunächst zum Oppelner Land (Silesia Opoliensis). Als dieses 1202 dem Herzogtum Ratibor eingegliedert wurde, fiel Pitschen an das Herzogtum Schlesien (zu dem das Oppelner Land damals nicht gezählt wurde) und nach dessen Teilung 1248/51 an das Herzogtum Breslau. 1294 fiel Pitschen zusammen mit dem ganzen Nordosten des Herzogtums Breslau an das Herzogtum Glogau und bei dessen Teilung 1312 an das neue Herzogtum Oels. 1323 gelangte es schließlich an das Herzogtum Brieg,

Durch seine Grenznähe zu Großpolen, das nur vier Kilometer entfernt lag, musste Pitschen häufig polnische Überfälle und Plünderungen erleiden. Während der Hussitenkriege wurde es vom Hussitenführer Dobeslaus Puchala eingenommen, der seinen Stützpunkt in Kreuzburg hatte.

Unter Herzog Friedrich II. wurde 1544 in Pitschen, wie im gesamten Herzogtum Brieg, die Reformation eingeführt.

Die Anfänge der reformatorischen Bewegung in der Gegend von Wołczyna waren nicht einfach gewesen. Die Eigentümerin von Wołczyn, Familie von Posadowski, lehnte sich an die Reformationsgedanken an, während der Herzog von Oleśnica Karl I. von Münsterberg, auf dessen Territorium sich Wołczyn befand, der Gegenreformation zugeneigt war. So blieb das Gebiet von Wołczyn katholisch.

Obwohl der Gutsbesitzer von Wolczyn der Schirmherr der Kirche war und entscheidenden Einfluss auf die Auswahl des Pfarrers hatte, war er dem katholischen Priester untergeordnet. Und er war dem katholischen Fürsten unterstellt, mit dessen Entscheidungen er rechnen musste.

Für die Gottesdienste ging die Bevölkerung von Wołczyn, der die Reformationsparolen näher lagen, in das Nachbardorf Brzezinka, wo bereits seit 1527 der erste evangelische Pfarrer, Mathias Agnellus, ernannt wurde. Dieser Zustand dauerte bis etwa 1565, als der erste evangelische Pfarrer, Adam Pockwitz, in Wolczyn erschien. Von Anfang an gab es Konflikte zwischen Evangelikalen und katholischen Anhängern. Die größten Spannungen gab es in Gierałcice, das ebenfalls der Familie von Studnitz gehörte. Im Jahr 1577 endete einer dieser Konflikte mit dem Tod eines evangelischen Priesters, Vitus, der mit einer Sense im Magen erstochen wurde.

Die Schwierigkeiten sowohl des Klerus als auch der evangelischen Bevölkerung in Wolczyn dauerten bis 1611, als der Patron der Stadt, Adam von Posadowski starb. Sein Patronatsgut wurde von seinem zweiten Sohn, Henryk von Posadowski, übernommen. Seitdem gibt es keine Aufzeichnungen über Schwierigkeiten, mit denen der evangelische Klerus konfrontiert war. Außerdem war die Bevölkerung von Wolczyn und seiner Umgebung überwiegend evangelisch eingestellt.

Auch die Bevölkerung von Wolczyn und Umgebung neigte in ihrer großen Mehrheit zum Protestantismus. Die Reformation in Wolczyn schlug tiefe Wurzeln, so dass Wolczyn und seine Nachbarstädte für die nächsten Jahrhunderte evangelisch blieben. Zu dieser Zeit wurden in Wolczyn jeden Sonntag zwei Gottesdienste abgehalten: einer auf Deutsch und der andere auf Polnisch. Ab 1617 war Gierałcice eine Filiale der Pfarrei Wolczyn, und das ist auch heute noch der Fall.

Die Entwicklung der Reformation in Byczyna verlief völlig anders. Hier konvertierte der örtliche Pfarrer, Albert Opala, 1532 zum Luthertum. In den ersten 12 Jahren gab es einige Widerstände, da Byczyna zum Herzogtum Oppeln gehörte, und da war die Anwesenheit von Pfarrer Johannes Blocky Jakubowski in Byczyna, der die Verbreitung der lutherischen Glaubens nicht zuließ.

1536 kehrte Byczyna in das Herzogtum Brzeg zurück, wo sich das Luthertum leicht ausbreitete, und 1544 verließ der bereits erwähnte Pfarrer Jakubowski Byczyna. Die Reformation fand 1544 in Byczyna ohne jegliche Zwangsmaßnahmen statt, sondern mit Hilfe von Predigten und unter dem Schutz der evangelischen Obrigkeit. Die Reformation war in der Region überwiegend von polnischen Elementen geprägt. Die evangelischen Gottesdienste wurden ausschließlich auf Polnisch abgehalten. Dies war zur Zeit der Schlacht von Byczyna von großer Bedeutung (Maximilian II.). Die Stadtverordneten wurden dazu angehalten, mit dem Pfarrer der Stadt zu sprechen, der dem Stadtrat vorstand. Die Erklärung des Regenten vor den Delegierten ging in die Geschichte ein: „Obwohl du gegen mich gehandelt hast, vergebe ich dir, weil du dieselbe Sprache sprichst wie ich“. Die Entwicklung der Reformation in Byczyna dauerte bis 1694, als Kaiser Leopold I. von Habsburg beschloss, eine Gegenreformation in Byczyna durchzuführen und die Gemeinde zu entmachten. Auf diese Weise haben die Evangelikalen aus Byczyna 13 Jahre lang ihre Kirche verloren.

1707 mussten gegenreformatorische Maßnahmen aufgrund der Altranstädter Konvention rückgängig gemacht werden. Die Kirche in Byczyna wurde der evangelischen Mehrheit der Einwohner der Stadt zurückgegeben. Die erste Gottesdienst nach der Rückeroberung der Kirche wurde gefeiert am 24. Dezember 1707 von Pfarrer Jan Cochlovius.

Nach dem Ersten Schlesischen Krieg fiel Pitschen wie fast ganz Schlesien an Preußen. Nach der Neugliederung Preußens gehörte es seit 1815 Landkreis Kreuzburg O.S., der 1820 dem Regierungsbezirk Oppeln eingegliedert wurde.

1910 waren 82 % der Einwohner Deutsche. Sie sprachen sich bei der Volksabstimmung in Oberschlesien vom 20. März 1921 zu 97 % für den Verbleib bei Deutschland aus.

Durch die Nähe der polnischen Grenze war Pitschen bereits am ersten Tag des Zweiten Weltkrieges in den Krieg einbezogen. Bei Kriegsende wurden mehr als 200 Zivilisten erschossen. 1945/46 wurde die deutsche Bevölkerung weitgehend vertrieben. Die neu angesiedelten Bewohner waren zum Teil Heimatvertriebene aus Ostpolen. (geschichtlicher Abriss aus Wikipedia)

 

Die Anfänge der Geschichte der Kirche in Pitschen reichen bis zum 11. Jahrhundert. An Stelle der heutigen Kirche stand damals ein Gotteshaus aus Holz, das erstmals 1283 als St. Nikolaikirche erwähnt wurde. In der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die heutige, gemauerte und ostseitig ausgerichtete Kirche im gotischen Stil errichtet. Zu Beginn wurde sie dem Apostel Petrus geweiht. Später wurde der Heilige Nikolaus, der Bischof von Myra, zum Schutzpatron ernannt. Die nächste Erwähnung der Kirche bezieht sich auf die Kämpfe im Jahr 1430, als die Hussitenkriege durch die Stadt zogen. Die St.-Nikolaus-Kirche wurde geplündert, und der Wiederaufbau der zerstörten Teile begann bereits 1431. Das Datum ist an der rechten Wand des Presbyteriums der Kirche markiert. Seit dem 16. Jahrhundert wurde die Kirche in Byczyna zu einem Ort der Verhandlungen zwischen den Lutheranern und den Katholiken. 1532 konvertierte der einheimische Pfarrer Albert Opala zum Luthertum und mit ihm wechselten die meisten Einwohner ihre Konfession. Zu dieser Zeit war er der letzte katholische Pfarrer im Ort und gleichzeitig erster evangelischer Pastor in Pitschen. Automatisch ging die St. Nikolauskirche in den Besitz der Lutheraner über.

Das weitere Schicksal der Kirche ist mit weiteren katholisch-evangelischen Auseinandersetzungen um das Recht, die Kirche für die eigene Konfession in Anspruch zu nehmen, verbunden. Je nachdem, welche Dynastie das Gebiet regierte, diente die Kirche der entsprechenden Konfession. Seit 1707 ist die Kirche schließlich bis heute in evangelischem Besitz.

Die Kirche war seit Mitte des 11. Jahrhunderts bis 1842 von einem Friedhof umgeben, der anfangs von einem hölzernen Zaun, anschließend von einer kleinen Mauer umgrenzt war.

Die Kirche wurde zweimal instandgesetzt: zuerst in den Jahren 1790-91 mit Unterstützung des Zimmermanns Jerzy Kanus aus Jaschkowitz (Jaśkowice) und des Maurers Jakisch aus Namslau (Namysłów) – damals wurden die gesamte Dachkonstruktion einschließlich des Gesimses unter der Traufe ersetzt und der Kircheninnenraum barockisiert.

Die nächste größere Restaurierung wurde 1886-1888 durch den Pastor Herman Kölling durchgeführt, als der Turm eine neugotische Spitze erhielt und die Form des Glockenturms und die Giebel der Kapelle und des Nordportals verändert wurden. Das Dach wurde mit schrägen Fenstern versehen und das Innere der Kirche gründlich renoviert und neugotisiert. Damals wurden das neugotische Gestühl, die Emporen, die Kirchenbänke, der Hauptaltar, die Kanzel und das steinerne Taufbecken geschaffen. Nach Beendigung der Renovierung wurde die Kirche erneut geweiht, wobei sie wahrscheinlich ihren Namen in St. Peter änderte, es gibt auch die Aussage, dass sie bis 1945 St. Nikolaus hieß und dann St. Petrus (im polnischen Sprachgebrauch wird sie indes weiterhin St. Nikolaus genannt). Im Jahr 1873, noch vor der Hauptinstandsetzung, hatte die Witwe des ehemaligen Pfarrers Immanuel Gotthilf Lebrecht Wothe (vom 15.12.1841 bis 11.1856 war dieser Pfarrer in Byczyna/Pitschen), zum Andenken an ihren Mann zwei farbenfrohe Glasfenster der Firma Seiler in der Sakristei einbauen lassen.

Seit dem Kriegsende 1945 wirkt die Kirche als Filiale der Evangelisch-Augsburgischen Gemeinde in Konstadt (poln. Wolczyn). Die Kirchengemeinde befindet sich in der Woiwodschaft Opole, im Kreis Kluczbork, und ihr Gebiet umfasst zwei Gemeinden: Wołczyn und Byczyna. Die Gemeinde Wołczyn hat drei Zweigstellen: in Gierałcice, Byczyna und Paruszowice.

Auf einer am 9. Mai 2004 eingeweihten Gedenktafel in der Kirche stehen die Namen der bei Kriegsende 1945 getöteten Pitschener, die ermittelt werden konnten, darunter auch des Pitschener Pfarrers Karl Wradzidlo.

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Die Kirche steht am nordöstlichen Rande der Altstadt. Sie ist von neuzeitlicher Bebauung umgeben.

Es handelt sich um eine kreuzrippengewölbte Pseudo-Backsteinbasilika, Ende des 14. Jhs. zur Basilika umgebaut, mit dreischiffigem nur dreijochigem Langhaus und eingezogenem rechteckigem Längschor im Osten, der durch zweibogige Fenster in den Seitenwänden gegliedert ist, mittig angefügtem Westturm (etwas schmaler als das Schiff), sowie Nord- und Südvorhalle (ebenfalls kreuzrippengewölbt). Die ältesten Fragmente des Gebäudes aus Bruchstein sind die Außenwände der Seitenschiffe, das Erdgeschoss der nördlichen Vorhalle, die St. Hedwigs-Kapelle und der Turm.  Der Bogenschub der Gewölbe wird durch Außen-Strebepfeiler aufgehalten. Die Kirche ist mit Satteldächern aus keramischen Biberschwanzziegeln bedeckt. In der Mitte des Dachfirsts erhebt sich ein Dachreiter. An der Nordseite befindet sich die zweigeschossige alte tonnengewölbte Sakristei, im Süden die neue Sakristei, angebaut an die Kapelle der Hl. Hedwig. Der quadratische Westturm besitzt eine Bekrönung und ein Walmdach im Stil der Neogotik. Der vierstöckige Turm erhielt im 19. Jahrhundert einen neuen Oberteil mit dekorativen neugotischen Hurden. Der Dachreiter wurde erhöht.

Am westlichen Ende des Mittelschiffes befindet sich eine Doppelempore mit massiver oberer Etage, die die Orgel trägt und darunter angeordneter Holzempore. Die neugotische Innenausstattung ist in seltener Geschlossenheit erhalten. Prinzipalelemente sind der Hochaltar in Form eines Triptychons, die an der Nordwand mittig zwischen Langhaus und Chor stehende Predigtkanzel und ein steinernes Taufbecken. Aufwendig gestaltet ist auch das Chorgestühl.

Die Kirche besitzt eine umfangreiche lutherische Symbolik. Diese repräsentieren das Taufbecken, das als Verkündung der Erlösung und Säuberung dient, die Kanzel als Darstellung des Wortes Gottes und auch der Altar, der zum Abendmahl einlädt.

Der Holz-Altar entstand nach Entwurf von Otto Hempel. Der dreiachsige Aufbau deutet auf das christliche Dogma der Dreifaltigkeit. In der Mitte ein Kreuz mit strahlenförmigem Heiligenschein. Auf der einen Seite des Altars befindet sich eine Tafel mit den Geboten als Darstellung des Gesetzes in der lutherischen Theologie und auf der anderen Seite das Buch mit einer Feder, das wiederum das Evangelium präsentiert. Eine Filialbekrönung mit Kreuz bildet den oberen Abschluss.

Auch die Holz-Kanzel entstand nach Entwurf von Otto Hempel. Der kelchförmige fünfseitige Kanzelkorpus ruht auf einer achteckigen Stütze. Den Schalldeckel akzentuieren kongenial zum Altar Fialspitzen.

Das Taufbecken ist ebenfalls achteckig und kelchförmig und an den Seiten mit rechteckigen Füllungen geschmückt.

Bemerkenswert sind auch die in die Wandvertäfelung des Chorgestühls eingearbeiteten Medaillons, deren historische und geistliche Botschaft eine Zusammenfassung der protestantischen Idee sind. Die herzförmigen neugotischen Medaillons stellen Portraits von historischen Persönlichkeiten des Christentums, vorwiegend verbunden mit der Evangelischen Kirche, dar.

An älteren Kunstwerken existieren in der Kirche ein gotisches Kruzifix aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, eine Porträtdarstellung von Pastor Albrecht Opala († 1566) und barocke Ölbilder unbekannter Maler, die die Auferstehung Christi und Kreuzigung darstellen.

Es gibt eine Gruft, in der sich Grabmäler des Prinzen Maximilian Emanuel von Württemberg (gestorben in russischer Haft 1709 nach der verlorenen Schlacht bei Poltawa, 1710 in St. Nikolaus bestattet), der Familie Frankenberg, des Pastors Opollius u. a. befinden.

1923 wurde aus Schweden ein Grabmal gestiftet.

 

Buntglasfenster

Im Presbyterium der Evangelisch-Augsburgischen Kirche St. Nikolaus in Byczyna befinden sich 8 schmale, gotische Buntglasfenster.

In den Jahren 1886-1888, während der gründlichen Instandsetzung der Kirche, erhielten diese 8 Fenster eine Mosaikverglasung mit Tondi, in denen die Köpfe bzw. Büsten der 12 Apostel abgebildet wurden. In seinem Buch „Geschichte der Stadt Pitschen“, S.413, schrieb Pfarrer H. Kölling, der die Instandsetzung durchführte: „Acht hohe, schmale, schlitzartige Fenster im Presbyterium erhielten complicirte Mosaikverglasung mit den Medaillon-Köpfen der 12 Apostel und verzierten Kreuzen in den Spitzen“.

Das wichtigste Ostchor-Fenster, hinter dem Hauptaltar, hatte Mosaikverglasung im unsichtbaren Teil hinter dem Altar, während im oberen Teil die Figur des Christus, des Erlösers, dargestellt wurde.  Es zeigt im oberen Teil die Figur des Erlösers Christus. Die 8 neugotischen Zwillingsfenster im Presbyterium, erhielten reiche Mosaikverglasung in vertikaler Anordnung (Mosaikteppich) mit Rosetten- und Kreismotiven inkl. Rhomben. In jeder Fensterbahn wurden 2 Medaillons angebracht, eines in der Mitte, die andere im oberen Teil. In 4 Fenstern enthielten die Medaillons nur Köpfe von Aposteln (insgesamt 8).

In den anderen 4 Glasfenstern wurden in den oberen Medaillons die Köpfe der Apostel gemalt (insgesamt 4),  und in den unteren christliche Bildsymbole, von denen 2 unbekannt sind (sie wurden zerstört) und 2 sind:  Arma Christi und Agnus Dei. Die Buntglasfenster enden im Spitzbogen mit dem Motiv eines Kreuzes. Über dem unteren Rand befindet sich noch eine erhaltene historische Inschrift, die dem Stifter des Glasfensters gewidmet ist, der aus  aus Byczyna kam und damals als Pfarrer an der St. Barbara-Kirche in Wrocław arbeitete. Der Text lautet:  „Gestiftet von/Jakob Kutta/Pastor v. St. Barbara/in Breslau“.

Es wurde festgestellt, dass die Aposteldarstellungen in Pitschen den Apostelgemälden des venezianischen Malers Giovanni Battista Piazetta (1682-1754) nachempfunden sind, der sie im Rokokostil schuf. Die Gemälde wurden in zwei Grafikzyklen kopiert: in Mezzotinto-Technik von Johann Lorenz Haid und in Kupferstich-Technik von Johann Christin Leopold (1699-1755) aus Augsburg. Sie wurden in der Fassung von letzterem 1850 veröffentlicht. Der Autor der Glasmalerei von Adolph Seilers Glasmalerei Institut in Wrocław (Seiler’s Glasmalerei Institut in Breslau) benutzte die Grafik, um die Köpfe der Apostel für die Glasmalerei von Byczyna zu schaffen.

Das Buntglasfenster in der südlichen Kapelle der Kirche wurde mit einer Darstellung Luthers in der Mitte und Ansichten des Kirchengebäudes vor und nach der Instandsetzung ausgestattet. Die verbleibenden Fenster im Schiff waren bleiverglast mit Bordürendekor.

Im Pfarrarchiv von Byczyna befindet sich eine Kopie des mit der Werkstatt von Seiler abgeschlossenen Vertrags mit einer Skizze für eines der Mosaik-Glasfenster mit Medaillons, und einer Rechnung für die Buntglasfenster.

Wahrscheinlich war die Platzierung der Kartusche mit den Namen der Stifter ganz unten angeordnet, der Notwendigkeit geschuldet, die Inschriften so gut wie möglich lesen zu können. Nach Recherchen wurde festgestellt, dass von den 12 Apostel-Tondi in den acht Chorseitenfenstern 7 überlebt haben und 2 der 4 Tondi mit christlichen Symbolen.

Von den erhaltenen 50 % der Gesamtbuntglasfläche, d. h. 25 qm , sind folgende 7 Tondi überkommen:

  • im Fenster nII zwei Tondi, das obere mit der Darstellung des heiligen Apostels Andreas, das untere mit der Darstellung des Lammes Gottes,
  • im Fenster nIII zwei Tondi, das obere mit der Darstellung des Heiligen Thomas, das untere mit einer Darstellung der Instrumente der Passion (Arma Christi),
  • im Fenster nIV, zwei Tondi, das obere mit der Darstellung des Apostels Petrus, das untere mit einer Darstellung des Apostels St. Bartholomäus,
  • im Fenster nV, zwei Tondi, das obere mit einer Darstellung des Apostels Johannes des Evangelisten, das untere mit einer Darstellung des Apostels Matthäus,
  • im sII-Fenster, ein oberer Tondo mit der Darstellung des Apostels St. Simon, der untere fehlt,
  • die Glasmalereien in den Fenstern sIV und sV fehlten vollständig.

Alle Buntglasfenster wurden in der klassischen Glasmalerei-Technik mit gemalten Farben hergestellt. gebrannte Gläser, mit Blei zusammengefügt.

Die ornamentalen Hintergründe der Fenster wurden in Paaren angeordnet. Die Hintergründe in den Fenstern nIV, nV und in sII, sIII sind ähnlich. Sie unterscheiden sich nur durch die Farben der einzelnen Gläser. In den nördlichen Fenstern nIV, nV befinden sich: rote Hintergründe; blaue Streifen und Rahmen von Tondi; gelbe Mittelpunkte von Rosetten und Rahmen von Kartuschen; grüne Blüten zwischen den Rosetten.

In den Südfenstern sII, sIII sind: blaue Hintergründe; rote Streifen und Blumen dazwischen Rosetten; Rahmen von Tondi und Rosettenkerne; gelbe Rahmen von Kartuschen.

In den Nordfenstern nII, nIII sind: rote Hintergründe und Streifen; gelbe Streifen und Rosettenkerne; blaue Rahmen von Tondi und Kartuschenrahmen, Blumen zwischen Rosetten.

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Die im polnischen Denkmalregister unter der Nr. 801/64 eingetragene Ev. Stadtkirche St. Nikolaus in Pitschen besitzt aufgrund ihrer architektonischen, kunstgeschichtlichen, städtebaulichen und geschichtlichen Bedeutung besonderen Denkmalwert.

Unterstrichen wird dieser Wert durch die von der Breslauer Werkstatt Adolph Seiler erschaffenen Fensterglasgemälde, auch wenn sich diese nur noch zur Hälfte und z.T. sehr fragmentarisch erhalten haben. Die Firma war preußischer Hoflieferant und zählte zu den damals bekanntesten Glasmalereiwerkstätten, die u.a. auch für den Frauenburger Dom beauftragt wurde. Umso mehr ist Denkmalpflegern und -schützern daran gelegen, den überkommenen wertvollen überkommenen Glasmalereibestand der Nikolauskirche in Pitschen zu bewahren und ihn durch eine angemessene Rekonstruktion zu vervollständigen, damit er wieder vollumfänglich zur Geltung kommt (mit ablesbaren Ergänzungen).

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Von den 8 Fenstern des südlichen und nördlichen Chors der Kirche von Byczyna mit einer Gesamtfläche von 50,4 m2 sind ca. 50 %, d. h. ca. 25 m2, erhalten geblieben. Wie oben dargelegt war die Glasmalerei von Fenster sIV und sV totalverlustig. Die historische Substanz im Bestand war stark verschmutzt, viele historische Gläser waren gesprungen, das Bleinetz wies Brüche auf, Schwarzlot war defekt, Bleinetzverkittungen waren versprödet und Schutzverglasung – stattdessen waren partiell Drahtschutzgitter angebracht, die optisch beeinträchtigen – fehlte in Gänze. Es waren offene Stellen vorhanden, durch die Feuchtigkeit ins Kircheninnere drang. Metallelemente, wie Fensterrahmen und Windeisen, waren korrodiert, Scheiben-Fehlstellen durch ein Sammelsurium von dem Denkmal nicht gerecht werdendem Klarglas ersetzt. Außerdem verzeichneten die Glasmalereien Korrosionen und Verluste bei den empfindlichen Malschichten.

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In der Evangelisch-Augsburgischen Kirche St. Nikolaus wurden folgende Arbeiten durchgeführt: Konservierung der Glasmalereien von 8 Chorfenstern, je vier an der Süd- und Nordwand. Von der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz (DPS) mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), einer großzügigen privaten Spende und einer Zuwendung der Senta-Weygandt-Stiftung, Görlitz gefördert sowie mit Eigenmitteln der Ev. Kirchengemeinde finanziert wurde die von Juli 2021 bis Januar 2022 durchgeführte Konservierung und Restaurierung der 6 Chorfenster nII, nIII, nIV, nV, sII und sIII, bei denen sich der größte Anteil an Originalglasmalerei erhalten hat. Die Totalrekonstruktion der Chorfenster sIV und sV wurde nicht von DPS, sondern von der Kirchengemeinde als gesonderte Spendenmaßnahme ausgeführt.

Eine besondere fachliche Herausforderung bei dem Projekt Restaurierung Chorfenster der Nikolauskirche in Byczyna war die Festlegung des Maßnahmenkonzepts für die Ergänzung und Rekonstruktion der verlorengegangenen Original-Glasmalerei. Für Denkmaleigentümer Kirchengemeinde und Woiwodschafts-Denkmalamt stand hier von Anfang an fest, dass die qualitätvolle Original-Glasmalerei, in den Fenstern, in denen sie nurmehr fragmentarisch respektive gar nicht mehr erhalten ist, rekonstruiert werden sollte. Die Haltung, die mit verschiedentlichem Klarglas geflickten Lücken durch Wiederherstellung der Farbglasmalerei „in klassischer Technik wie das Original“ zu ersetzen und die Buntglasfenster auf diese Weise zu „heilen“, entspricht zutiefst der polnischen Auffassung von Denkmalpflege und Restaurierung und ist damit von deutscher Seite ganz klar zu respektieren.

DPS und dem von ihr hinzugezogenen Experten Prof. Schaaf ist es jedoch gelungen, das Restaurierungskonzept so zu orientieren, das Ergänzungen und Teilrekonstruktionen von gegenständlichen Darstellungen (Apostelbüsten und christliche Symbole in Tondi) in Grisaillemalerei erfolgten, um deren Unterscheidbarkeit vom Original, auch bei Wiederherstellung der Ikonographie, zu gewährleisten. Die Ergänzung/Rekonstruktion von Tondi mit Apostelbüste und christlichem Symbol in Graufassung war, was die zur Förderung beantragte Etappe I betrifft, nur für das Chorfensterpaar sII, sIII relevant. Hier ist ein Apostelkopf-Tondo fragmentarisch erhalten, und es waren ein Apostelkopf und zwei christliche Symbole nachzubilden (bei nII, nIII und nIV, V haben sich die Tondi mit Apostelkopf und christlichem Symbol erhalten). Als symbolhafte christliche Darstellung wurde für Fenster sIII der Pelikan gewählt, der seine Jungen mit Blut füttert (als Symbol für das höchste Opfer, den Opfertod Christi). Die Darstellung ist einem Glasfenster aus der Werkstatt von Franz Meyer in München nachempfunden.

Ebenfalls in Graufassung vorgeschlagen wurde die Nachbildung der Wappenkartuschen-Darstellungen, die jeweils in der untersten Fensterscheibenreihe angeordnet sind. Verlustig gegangene farbige Mosaikverglasung wurde hingegen polychrom nachgebildet. Die Scheiben mit Nachbildung unterscheiden sich von den Originalscheiben durch ihre Transparenz (sie sind aufgrund der fehlenden Korrosion etwas heller) und durch die andere Art von Glas – sie wurden aus amerikanischem „Spectrum“-Glas anstelle von Antikglas hergestellt.

Die Zustimmung des Denkmalamts zu dem Farb- und Gestaltungsrekonstruktionskonzept, das die Buntglasfenster-Restaurierung bereits vor Beginn des DPS-Engagements genehmigt hatte, war bindend, zumal nachdem die Restaurierungswerkstatt, die beauftragt wurde, dafür der Auflage des Denkmalamts gemäß die Wissenschaftlerin des Corpus Vitrearum Polska Dr. Magda Ławicka konsultiert hatte. (Autorin des 1998 erschienenen Buchs „Vergessene Werkstatt, Breslauer Institut für Glasmalerei Adolph Seiler 1846-1945“).

Quellen, aus denen hervorgeht, wie die fehlenden gegenständlichen Darstellungen in den Tondi genau ausgesehen haben, konnten wie gesagt nicht ermittelt werden. In den Archiven der Pfarrei sind originale Entwürfe der Verglasungen mit umrissenen ornamentalen Motiven, aber ohne detaillierte Umrisse der Medaillons erhalten. Einzig die Beschreibung von Pfarrer H. Köling in dessen Buch „Geschichte der Stadt Pitschen“, S. 413 gab Aufschluss. Dass recherchiert werden konnte, dass die Büsten der Apostel in den Tondi den im Rokokostil erschaffenen Apostelgemälden des venezianischen Malers Giovanni Battista Piazetta (1682-1754) nachempfunden sind und in zwei Grafikzyklen kopiert wurden, die der Autor der Glasmalereiwerkstatt Adolph Seiler offensichtlich für die Fenster in der Nikolauskirche nutzte, erwies sich für die Rekonstruktionsarbeit in Pitschen als sehr hilfreich.

Die Bleiverglasung wurde durch eine Schutzverglasung aus Antireflex-Sicherheitsglas ersetzt. Nach ihrer Konservierung und Restaurierung wurden die Buntglasfelder in neue Eisenrahmen montiert, die in einem Abstand von 70 mm von der Schutzverglasung in die Fensterlaibungen eingebaut sind, so dass eine freie Belüftung möglich ist. Diese neuen Rahmen unterscheiden sich vom Original dadurch, dass die Flacheisen des Rahmens einen Querschnitt von 2×40 mm anstelle von 3×30 mm haben. Der Querschnitt des Flacheisens/Rahmens entspricht dagegen der historischen Konstruktion.

Ungefähr 50 % der Verglasung mussten rekonstruiert werden, d. h. 4,3 von acht Fenstern blieben erhalten.

Das Hauptziel bei der geförderten Maßnahme war die Sicherung und Erhaltung der ursprünglichen historischen Bausubstanz und damit den Verfallsprozess aufzuhalten. Eine wichtige Etappe wurde die Rekonstruktion der fehlenden Fragmente und die Wiederherstellung der verlorenen ästhetischen Werte.  Die Einführung einer gut funktionierenden Belüftung zwischen den Glasfenstern und die Schutzverglasung schützt vor äußeren Witterungseinflüssen. „Die Schutzgläser übernehmen anstelle der Glasmalereien die Funktion der Kältebrücke im Raumgefüge; Kondensat bildet sich nicht länger auf dem Original- respektive rekonstruiertem Buntglas, wo es beim Ablauf die empfindlichen Malschichten schädigen und ablösen kann, sondern auf den Schutzgläsern. Die Glasmalereien werden dauerhaft trocken gehalten und sind zudem der Außenbewitterung vollständig entzogen. Eingriffe bei der Sanierung der Bleiglasscheiben können sich im Zuge des Einbaus einer Schutzverglasung darüber hinaus grundsätzlich auf konservatorische Belange beschränken. Zudem können nicht witterungsbeständige Kleber und Sicherungsmaterialien eingesetzt werden, da die originalen Scheiben anschließend nicht mehr witterungsdicht sein müssen. Dies ermöglicht die Ausführung einer streng substanzerhaltenden Restaurierung des Bestands.“ (Zitat von 2021: Dr. Ivo Rauch – Sachverständiger für Kunst- und Denkmalpflege, Koblenz). Darüber hinaus wurde ein Wärmedämmsystem entwickelt, das die Instandhaltung der Kirche erheblich verbessert. Jetzt bleibt die Temperatur im Winter auch ohne Heizung über 0°C. Im Sommer isoliert die Schutzverglasung außerdem gegen übermäßige Hitze.  Die Aufrechterhaltung einer angemessenen Temperatur ist für die Erhaltung der Kirchenausstattung (historisches Holzmobiliar wie Gestühl und Vertäfelung im Altarraum) unerlässlich. Ein zusätzlicher Vorteil ist die beträchtliche Schalldämmung der Kirche durch die Doppelverglasung mit einer belüfteten Luftschicht (70 mm) und durch die Verwendung von Sicherheitsglas in der Schutzverglasung.

Die Entwürfe für die Restaurierung wurden von Sławomir Oleszczuk erstellt, der von Dr. Magda Ławicka, Wrocław fachlich beraten wurde. Sie wurden im Amt des Woiwodschaftsdenkmalpflegers in Opole genehmigt.

 

Die geförderten Glasrestaurierungsarbeiten im Einzelnen am Beispiel von Fenster sII:

Zustand der Erhaltung:

Vier Viertel des oberen Teils des Fensters waren erhalten. Die drei unteren Abschnitte fehlten, darunter jener mit einer Medaillon-Apostelkopfdarstellung.

Ungefähr 50 % der Glasmalerei, d. h. 6,30 qm waren überkommen. Die erhaltenen Glasmalereiabschnitte waren innen und außenseitig stark verschmutzt. Sie wiesen viele gesprungene Gläser und kleine Schäden auf. Die Malschicht war stark verwaschen und sehr schlecht erhalten. Die Bleileisten waren in schlechtem Zustand. Reparaturen und Verstärkung der Lötstellen wurden erforderlich, die Vierpässe waren durch abgeplatzten Kitt zur Versteifung der Gläser geschädigt. Es gab 3 restaurierungsbedürftige Abschnitte. Um die Glasfenster zu schützen, war wahrscheinlich ein Außengitter angefertigt worden (Gitterabdruckschatten sind erkennbar).

Vorgenommene Restaurierungsarbeiten:

  1. die Erstellung einer beschreibenden und fotografischen Dokumentation vor der Konservierung.
  2. Demontage der erhaltenen Glasmalerei, der Verglasung und der Außengitter.
  3. erste chemische Reinigung mit Borstenbürsten
  4. Entfernen der Verglasung vom Bleinetz zur Verklebung.
  5. Glas mit Wattestäbchen unter Verwendung einer 1%igen nichtionischen Seifenlösung, z. B. Vulpex, reinigen.
  6. Reinigen der Bruchstellen des zu klebenden Glases mit Glasfaserbürsten.
  7. Kleben des zerbrochenen Glases mit Epoxidharz Araldit 2020 für Glaskonservierung.
  8. Erstellung Entwürfe für die Restaurierung von Glasmalereien auf der Grundlage von Konsultationen mit Corpus Vitrearum Polska, u.a. Dr. Magda Ławicka (Universität Wrocław) mit Genehmigung durch das Amt des Woiwodschaftsdenkmalpflegers.
  9. Rekonstruktion fehlender Glasfenster in der gleichen klassischen Technik wie das Original, d. h. Buntglasfenster. gefärbtes oder beschichtetes Glas, geschliffen, bemalt, gebrannt, in Bleinetz eingebettet, gekittet auf beiden Seiten.
  10. Ersatz schadhafter Stellen in den Glasmalereien durch Glas von geeigneter Farbe und Form, das nach dem Brennen des rekonstruierten Glasmalerei wie oben beschrieben geklebt wird.
  11. Die Farbschicht auf dem Originalglas wurde mit Farbe auf der Basis einer 5%igen Lösung von Paraloid B-72 in Toluol mit natürlichen Pigmenten, und Acrylglasfarben von Idea ertüchtigt.
  12. Reparatur des Bleinetzes
  13. a) – Begradigung von ausgebeulten Vierteln,
  14. b) – Reparatur von gebrochenen Lötstellen,
  15. c) – Ersetzen fehlender Fragmente des Bleinetzes.
  16. Kittung der Viertel mit Glasurkitt.
  17. mechanische Reinigung der in den Fenstern verbliebenen Eisenteile.
  18. Stabilisierung von Korrosionsprodukten mit Tanninverbindungen durch Bürsten und Spritzen (in Muffen von Flacheisen), z. B. mit Complexor.
  19. Endbehandlung von Metalloberflächen gegen Korrosion mit mattschwarzer Farbe für den Außenbereich.
  20. Herstellung und Anbringung einer Schutzverglasung an der ursprünglichen Stelle der Glasmalerei. Bleirahmung der Scheiben. Verwendung des richtigen Silikon. Verbindung der mit dem Mauerwerk in Berührung kommenden Kanten der Sicherheitsverglasung mit hochporösem Mörtel. Abdichtung der horizontalen Flachstäbe mit neutralem schwarzem Silikon, Vorsehung entsprechende Gefälle der Fugenprofile, damit das Wasser ungehindert ablaufen kann.
  21. Wiederherstellung ursprüngliche konstruktive Fensterteilung
  22. Beim Einbau der restaurierten und rekonstruierten Glasmalerei wurden oben und unten Lüftungsspalte in einer Höhe von ca. 10 mm belassen.
  23. Erstellung einer beschreibenden und fotografischen Dokumentation nach der Konservierung und Restaurierung.

Nach einer detaillierten Diagnose des Objekts, Dokumentation des Zustands vor der Konservierung wurde mit dem Ausbau der Buntglasfenster begonnen. Die Härte des verwendeten Mörtels war hoch. Dieser war aufgrund unterschiedlicher Wärmeausdehnung der angrenzenden Materialien (Beton, Ziegel, Metall, Glas und Blei) gerissen. Bei einigen Gläsern könnten die Risse durch unverträglichen Mörtel entstanden sein. Um ein Zerspringen der Gläser bei der Demontage zu vermeiden, war es notwendig, die Zementfugen mechanisch einzuschneiden und vorsichtig abzuschlagen. Einige der Fensterfelder hatten keine externen Bleileisten, was es noch schwieriger machte, den Zementmörtel sicher zu entfernen. Alle sichtbaren Risse wurden mit flexiblem Papierklebeband mit leicht ablösbarem Klebstoff gesichert, um sicherzustellen, dass alle Fragmente die Werkstatt erreichten.

Nachdem die Glasmalerei sicher zur Werkstatt in Wrocław transportiert worden war, konnte deren Konservierung und Restaurierung beginnen. Da die Fenster fast 130 Jahre lang einfach verglast waren, konnte Wasser an den Innenflächen der Glasmalerei kondensieren und die Farbschicht des Buntglases schädigen. Von außen hat der Regen auch die Glasbeschichtung ausgespült. Die Zersetzung der Farben erforderte eine sorgfältige Reinigung, um die Originalglasmalerei nicht zu zerstören. Zunächst wurde die chemische Reinigung mit Borstenbürsten durchgeführt und getupft mit 1%iger nichtionischer Seifenlösung, wie Vulpex.

Die zu verklebende Verglasung wurde aus dem Bleinetz auf der Außenseite herausgezogen durch Abschneiden des äußeren Teils des Bleibandes mit dem „H“-Profil. Die Reinigungsarbeiten an den die Bruchstellen der zu verklebenden Gläser wurden mit Glasfaserbürsten durchgeführt. Herausgezogenes Glas wurde nach Klebung wieder eingesetzt. Der fehlende Bleiflachsteg wurde an der Außenseite angelötet und bildet nach der Behandlung wieder ein profiliertes „H“ mit dem Rest des Formteils.

Nach all diesen Arbeitsschritten wurden die Glasmalereiabschnitte beidseitig gekittet mit Glasurspachtel auf beiden Seiten. Gleichzeitig wurden die Metallelemente der Fenster in situ konserviert. Mechanische Eisenelemente, die im Fenster verbleiben, wurden gereinigt. Korrosionsprodukte wurden stabilisiert  mit Gerbstoffverbindungen durch Bürsten und durch Injektion (in die Muffen der Flachstäbe).

Die Oberflächen der Fenstermetallrahmen außen wurde zweimal mit schwarzer Mattfarbe gegen Korrosion durch Bewitterung behandelt. Zur Abdichtung des Kontakts zwischen Metall Stark beschädigte Metallteile (Flachstäbe, Abstandshalter, Stifte, Keile) wurden rekonstruiert.

Die eingebauten Schutzverglasungen wurden an den Kontaktstellen zum Mauerwerk mit einem hochporösen Restaurierungsmörtel gefasst (Optolith).

Es wurde eine neue Rahmenkonstruktion angefertigt, die die ursprüngliche Aufteilung der Fenster wieder aufnimmt. Außen Rahmen aus 25x25x2mm Winkeleisen, Inneneinteilung wie oben beschrieben aus 40x3mm Flacheisen. Im Inneren sind die Teilungen des Flachstahls dupliziert: außen 20x3mm. In einem Abstand von ca. 70 mm zur Schutzverglasung wurde eine neue Beschlagstruktur für die Glasmalerei angebracht. Die Buntglasfenster wurden „trocken“ an der zuvor aufgehängten neuen Tischlerkonstruktion angebracht. Nach Abschluss der Arbeiten wurde eine Bestandsdokumentation zur Konservierung und Restaurierung für jedes bearbeitete Fenster erstellt.

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Mit den von DPS mit finanzieller Hilfe BKM konservierten und restaurierten 6 Chorfenstern, konnte der wertvolle Hauptteil des historischen Glasmalereibestands der Nikolauskirche in Pitschen restauratorisch gesichert, ergänzt und durch Rekonstruktion in seinem Erscheinungsbild wieder vervollständigt werden. Die Maßnahme soll der Ev. Kirchengemeinde Zuversicht für die Bewältigung des restlichen Fenstersanierungsprogramms verleihen. Etappe I soll außerdem den Maßstab für den Umgang der Kirchengemeinde mit den anderen zu sanierenden Fenstern setzen. Das heißt, die zur Förderung mit BKM-Mitteln beantragte Maßnahme dient als Orientierung für die nächsten Fenstersanierungsarbeiten. Es wird mit darauf gesetzt, dass die Kirchengemeinde der international etablierten Regel folgt, Ergänzungen bis hin zur Vollrekonstruktion bei der weiteren Kirchenfenstersanierung so anzulegen, dass auch hier zwischen Original und Wiederherstellung/Nachbildung visuell unterschieden werden kann. Zudem wird mit dieser einmaligen Förderung des Fensterbestands der Ev. Kirche St. Nikolaus durch DPS/BKM – Fortführungsförderung scheidet aus, da die übrigen Fenster nicht den Denkmalwert der geförderten Chorfenster erreichen – ein Zeichen der Unterstützung der deutschen Minderheit in Oberschlesien gesetzt, indem sie durch fachrestauratorische Beseitigung der Schäden an den zuvor arg ramponierten Chor-Glasmalereifenstern der protestantischen Kirchengemeinde in Pitschen ein Stück Würde zurückgibt. Und sie trägt dazu bei, die Glasrestaurierungskunst in Schlesien zu stärken.

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  • Ausführende Glasrestaurierungsfirma: CREO Natalia Oleszczuk, ul. Świeradowska 69/10, 50-559 Wrocław. mgr Sławomir Oleszczuk, Dyplomowany Konserwator Dzieł Sztuki (Projektleiter), Filip und Bernhard Balcerzak, restaurator-witrażysta (Glasmalerei-Restaurator) den Part Konservierung und Restaurierung Glasmalereibestand Chorfenster betreffend
  • Restaurierungsfirma Tiffany Ursta, Kiełbaśnicza 7, 50-108 Wrocław (Rekonstruktion verlorengegangener Buntglasfelder/Glasmalereien wie der Tondi)
  • Fachliche Begleitung: Dr. Magda Ławicka, Wrocław als Vertreterin Corpus Vitrearum Polska
  • Fachliche Betreuung für DPS: Prof. Dr.-Ing. Ulrich Schaaf, Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń (Thorn), Lehrstuhl für Konservierung in der Fakultät der Schönen Künste
  • Fachliche Kontrolle: Woiwodschafts-Denkmalamt Opole (Oppeln), Elżbieta Molak. ul Piastowska 14, 45-082 Opole
  • Bauherr: Ev.-Augsburgische Kirchengemeinde Wołczyn (Konstadt), pl. Wolności 5, 46-250 Wołczyn vertreten durch Pfarrer Marcin Liberacki
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  • Magda Ławicka, Zapomniana Pracownia. Wrocławski Instytut Witrażowy Adolpha Seilera (1846-1945), Wrocław 2002
  • Herman Kölling, Geschichte der Stadt Pitschen, Pitschen 1892, S. 412-413, 416-418
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