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SAGAN / ŻAGAŃ

Von der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz 2016/17 gefördertes Instandsetzungsprojekt Heilig-Grab-Kapelle, die eine Nachbildung des 500 Jahre alten Vorgängerbaues in Görlitz ist.

Die Heilig-Grab-Kapelle in Sagan / Żagań ist eine Nachbildung des mittelalterlichen Heiligen Grabs in Jerusalem. Das in der Renaissance erschaffene Bauwerk ist keine getreue Kopie und dennoch von den wenigen Repliken, die aus dieser Zeit überkommen sind, als eines der beste Nachahmungen anerkannt. Inspiration und Muster war das Ende des 15. Jhs. im annähernd 70 Km entfernten Görlitz entstandene Heilige Grab. Die Kapelle in Görlitz und die Zwillingskapelle in Sagan (Boży Grób) gelten als die besten existierenden Beispiele dafür, wie die Heilig-Grab-Kapelle noch zur Zeit der Kreuzfahrer ausgesehen hat.

Zuletzt war das Dach in Sagan zunehmend undicht geworden und von Jahr zu Jahr hatten die Natursteinschäden an der Außenfassade zugenommen. Um den Sanierungsstau nicht weiter zu vergrößern, entschloss sich die Katholische Kirchengemeinde Maria Heimsuchung in Sagan 2016 zur Restaurierung des wertvollen Baudenkmals. Vermittelt durch das Woiwodschafts-Denkmalamt in Grünberg / Zielona Góra kam der Pfarrer in Sagan, Jarosław Stoś Ende 2015 auf die Deutsch-Polnische Stiftung Kulturpflege mit der Bitte um finanzielle Unterstützung zu. Der Stiftung gelang es daraufhin, Mittel 2016 der Bundesrepublik Deutschland zur Erhaltung des Kulturerbes in den ehemals deutschen Gebieten in Osteuropa für das Projekt in Sagan zu aquirieren.

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Die Heilig-Grab-Kapelle in Sagan / Żagań liegt in der polnischen Woiwodschaft Lebus, deren südlicher Teil, einschließlich Sagan historisch zu Niederschlesien gehört. Die Stadt liegt zwischen Breslau / Wrocław und Cottbus, am Fluss Bober und ungefähr 40 Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt. Die Heilig-Grab-Kapelle befindet sich in westlicher Randlage zum Zentrum der Stadt, die im Zweiten Weltkrieg stark zerstört wurde und heute zu großen Teilen aus modernen Häusern besteht. Die Heilig-Grab-Kapelle steht auf dem ehem. Saganer Weinberg an der ul. Podgórna, neben der historischen Pfarrkirche Maria Heimsuchung (deren historische Bezeichnung ist Berg- oder Berglkirche. So wird sie auch heute noch manchmal in Sagan genannt. Der Bau der Kirche ist spätmittelalterlich und wurde barock erneuert). Auf dem ehem. Weinberg steht heute der ummauerte Friedhof der Kirchengemeinde. Die den Friedhof einfriedende Mauer ist über 400m lang und in ihrem ältesten Teil im Sockelbereich vermutlich ebenfalls noch spätmittelalterlich.

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Die Fertigstellung der Heilig-Grab-Kapelle in Sagan / Żagań wird bislang mit 1598 (Ende des 16. Jhs.) angegeben. Zu der Zeit unterstand Sagan dem böhmischen Landesherrn Ferdinand I, dem Kurfürst Moritz von Sachsen das 1472 von ihm erworbene Fürstentum Sagan mit der gleichnamigen Stadt 1549 überlassen hatte. Bei der Restaurierung des Außenbaues wurde nun Ende 2016 auf einer Innenwandfläche der Dachlaterne die Inschrift „FpZ V Prior S 1602“ entdeckt, die zu Spekulationen hinsichtlich des Fertigstellungsdatums der Saganer Heilig-Grab-Kapelle einlädt.

Stifter der Heilig-Grab-Kapelle in Sagan war Jakob II. Liebig, Abt des Augustiner-Klosters Sagan. Der aus dem Mittelalter stammende Klosterkomplex im Stadtzentrum, mehrfach umgebaut und nach 1730 im barocken Stil grundlegend modernisiert, wurde 2012 vom polnischen Präsidenten mit der bedeutenden gotischen Kirche und ihrer kostbaren Innenausstattung sowie der Bibliothek mit ihren barocken Fresken von Georg Wilhelm Neuhertz in die Liste der wertvollsten Baudenkmäler Polens aufgenommen.

Der Bau der kleinen Heilig-Grab-Kapelle in Sagan begann vermutlich 1588 und wurde unter dem Nachfolger von Abt Jacob II. Liebig, Abt Friedrich Tschauer fertiggestellt.  Wie sein Pendant in Görlitz wurde er in der Form der Jerusalemer Heilig-Grab-Kapelle gestaltet und ein Fünftel kleiner als diese. In Görlitz ist die über 500 Jahre alte Heilig-Grab-Anlage als Gesamtensemble erhalten, bestehend aus der doppelgeschossigen Heilig-Kreuz-Kapelle (Adam- und Golgatha-Kapelle), dem Salbhaus mit spätgotischer Pietà und der Heilig-Grab-Kapelle. Dieser Baukomplex steht in einer Gartenanlage, und seine Errichtung wird auf 1481 – 1504 resp. 1489 datiert (die lange Bauzeit ist dadurch zu erklären, dass zur Finanzierung wiederholt Ablasshandel betrieben wurde). Dieselbe Bauidee wurde in Sagan wiederholt, wo der ursprüngliche Bau der Heilig-Kreuz-Kapelle verloren ging und durch einen neobarock gestalteten Bau des frühen 20. Jhs. ersetzt ist, der heute als Friedhofskapelle genutzt wird. Das Salbhaus ist in Sagan hingegen noch in einer dem Salbhaus in Görlitz vergleichbaren  Architekturform und -größe erhalten, nur das die Pieta-Skulpturen sehr viel jünger zu datieren sind (vermutlich 19. oder 18. Jh.). Während die Baumeister Stephan Aldenberg, Thomas Neukirch aus Krems und Conrad Pflüger mit dem Entwurf der Heilig-Grab-Anlage in Görlitz in Verbindung gebracht werden, ist der Schöpfer des Heiligen Grabs in Sagan namentlich unbekannt.

Zwischen 1923 und 1928 wurde in Görlitz an der Nordgrenze des Grundstücks respektive Kalvarienbergs ein Landschaftsgarten angelegt. Sein an den Kalvarienberg anschließender Bacheinschnitt wird als Tal des Kidron und das dahinter ansteigende Gelände als Ölberg mit Garten Getsemane (Ölberggarten mit Jüngerwiese und Gebetsstätte Christi) gedeutet. Das Besondere an der Görlitzer Heilig-Grab-Anlage ist ihre Einbindung in die Stadttopographie und die genaue überlieferte Distanz der einzelnen baulichen Komponenten bis hin zum vorgelagerten Kreuzweg (Via Dolorosa), beginnend an der Stadtkirche St. Peter und Paul in Krypta sowie Westportal, symbolisch Richthaus des Pilatus, und den in den Stadtgrundriss nach Jerusalemer Schrittmaß eingeschriebenen Kreuzwegstationen.

Während die Entstehung des Heilig Grabs in Sagan einem klerikalem Geist entsprang, geht die Anlage in Görlitz auf einen privaten Stifter zurück. Die Rede ist von Georg Emmerich, einem Mann aus führender Schicht in Görlitz. Dieser trat 1465, nachdem ihm wegen einer unehelichen Beziehung mit der Tochter eines angesehenen Kauf- und Ratsherrn ein Gerichtsverfahren und eine hohe Geldforderung drohten, was nach der neueren Forschung nicht einwandfrei belegbar ist, im Alter von 43 Jahren eine Pilgerreise nach Jerusalem an und war dadurch nach seiner Rückkehr vollständig rehabilitiert.

Die ritterliche Tugendlehre des hohen Mittelalters zielte auf die Befreiung des Grabes Christi aus der Herrschaft des Islam. Wallfahrten und Bußübungen waren gedanklich nachvollzogene Pilgerwege, die nach dem Scheitern der Kreuzzüge als Ersatz für das nicht Ausführbare dienten. Seit der legendären Auffindung des Kreuzes Christi unter einem Venustempel des 2. Jhs. durch die Hl. Helena und der folgenden Errichtung der Grabeskirche Kaiser Konstantins in Jerusalem über der überlieferten Stelle der Kreuzigung und des Grabes Christi (326 – 335) gehörten die Verehrung von Kreuzreliquien und Passion eng zur Eucharistie. Die Sanktuarien und Heiligen Gräber sind Orte, an denen Passion und Auferstehung von Jesus Christus gefeiert wurden, insbesondere zwischen Fastenzeit und Ostern, wenn tausende Gläubige kamen, um an den Nachbildungen des Heiligen Grabes von Jerusalem zu beten.

Die Anlage Kaiser Konstantins befand sich bereits innerhalb des Stadtgebiets. Sie  bezog den Golgota-Hügel mit ein und bestand aus einer Rotunde um die zentrale Verehrungsstätte des durch eine Ädikula ausgezeichneten Heiligen Grabes im Westen (teilweise erhalten), einem Eingangsportikus und einer großen Basilika im Osten (nicht erhalten). Diese Anlage wurde 640 durch Feuer beschädigt und 1009 durch den ägyptischen Kalifen al-Hakim beinahe vollständig zerstört. Ab 1099 ließen Kreuzfahrer nach ihrer zeitweilig gelungenen Einnahme Jerusalems eine neue Kirche errichten, die für Jahrhunderte mit den Passionsmalen verbindlich blieb und in weiten Teilen bis heute erhalten ist. Die Grabrotunde über und um das Heilige Grab bzw. die Heiliggrab-Kapelle in der Altstadt von Jerusalem wurde 1555 und – nach einem Brand – 1809/10 umgebaut.

Die Heilig-Grab-Kapelle in Sagan war von Beginn an bis zum Zweiten Weltkrieg Pilgerstätte der Gläubigen, hauptsächlich aus Deutschland. Mit der Reformation waren 1528 in Görlitz der Heilig-Kreuz-Kapelle das Altarwerkzeug entzogen worden, die Pilgerbesuche und Karfreitag-Prozession zum Erliegen gekommen. Im protestantischen Görlitz verwaiste die Heilig-Grab-Anlage und geriet schließlich vollends in Vergessenheit. Die Heilig-Grab-Kapelle in Sagan teilte dieses Schicksal aufgrund der böhmischen und bis ins 18. Jh. habsburgischen Herrschaft nicht so (von 1627 bis 1634 war Sagan übrigens im Besitz Wallensteins und zuletzt gehörte sie den Herzögen von Talleyrand-Perigord. Und Johannes Kepler lebte von 1628 bis 1630 in Sagan).

Selbst in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, insbesondere während der Osterwoche wurde die Heilig-Grab-Kapelle in Sagan von vielen Gläubigen besucht. Heute gibt es keine Pilger mehr, die zur Heilig-Grab-Kapelle in Sagan kommen. Diese ist außerhalb lokaler Insiderkreise vollständig in Vergessenheit geraten. Die letzte Instandsetzung der Heilig-Grab-Kapelle in Sagan erfolgte 1989.

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Die Heilig-Grab-Kapelle in Sagan / Żagań ist wie die ältere Schwesterkapelle in Görlitz, die sich nach der von Emmerich in Jerusalem vorgenommenen Schritt-Distanzmessung  in der Nordwestecke des Grundstücks erhebt, aus Sandstein erbaut.  Es handelt sich um eine, wenn auch im Maßstab verkleinerte Kopie des Jerusalemer Vorbilds. Das heißt, seine orientalisch empfundene romani-, mauri- und gotisierende Architektur greift außen und innen auf das Erscheinungsbild der Grabanlage Christi in der in Jerusalem 1099 bis 1555 bestehenden Form zurück.

Die Heilig-Grab-Kapellen in Sagan und Görlitz bestehen aus einer würfelförmigen Vorkammer und einem außen einem außen halbrunden und säulenumstellten und innen gewölbten Apsisanbau, in den die Grabkammer mit längsrechteckigem Grundriss eingeschrieben ist. Auch der Saganer Bau ist komplett aus Sandstein errichtet. Das Gebäude erhebt sich auf einem niedrigen Sockel. Die Wände sind aus Sandsteinquadern gefügt. Der Sandstein ist weich und mit dünner farbig gefasster Putzschlemme überzogen. Die Oberflächen weisen außen und innen ein hellgelbliches Erscheinungsbild auf. In der Grabkammer mischt sich Rosafarbton dazu.

Das Eingangsportal ist spitzbogig, mit Stabwerkprofilrahmung ausgestattet und mittig auf der Stirnseite der Vorkammer angeordnet. In die Seitenwände der Vorkammer ist jeweils ein kleines Spitzbogenfenster mit gestuftem Gewände eingelassen. Die Außenfassade der an die Westseite der Vorkammer angebundenen Apsis rhythmisiert eine sechsachsige Rundbogenblendarkatur mit sieben romanisierenden Säulen.

Mit Eisenklammern verbundene Steinplatten, deren Kanten zur Traufe hin abgerundet sind, decken das sich über Vorkammer und Apsis erstreckende Flachdach. Zwischen den abgerundeten Dachendsteinen und einem den oberen Fassadenabschluss bildenden Rundprofilgesims ist eine Kehle eingebaut. Maurisch anmutend ist die filigrane Ädikula (Ziborium) mit sechs schlanken Säulchen, profilierten Rundkapitellen, sechs offenen Lanzettbögen, Fries mit Schuppenornamentmotiv, das auch an der Kuppelraumschale der 1912 von Lossow und Kühne errichteten Neuen Synagoge in Görlitz verwendet ist. Das Ziborium besitzt ein sechseckiges weit überstehendes Flachdach, in dessen Zentrum sich ein zitronenpresseförmiger hexagonaler Halbkuppelaufsatz mit Knospenbekrönung erhebt. Die Zahl sechs kann für Unvollkommenheit stehen, während für die Knospe auf der Kuppel mehrere Deutungen infrage kommen  (z.B. Symbol des Lebens).

Auffällig sind an der Stirnseite der Vorkammer das nur hier verlaufende wulstige und verspringende Gurtgesims, das von der mit modern gestaltetem geschmiedeten Außengitter und Eingangsholztür mit Kastenschloss verschlossenen spitzbogigen Eingangsöffnung durchbrochen wird, die drei Füllungsfelder darüber mit Rahmen, die ähnlich teigförmig sind, wie das beschriebene Gurtgesims und symbolhaft die drei Siegel des Pilatus darstellen. Die Siegel dienen symbolisch der Bewachung des Eingangs (entsprechend dem Bericht bei Matthäus, nachdem das Grab bewacht und versiegelt worden sei). Zwei auf dem Flachdach zur Vorderfront ausgerichtete Steinschmuckplatten zeigen eine reliefierte Kanne oder Schale.

Die Vorkammer ist kreuz- und die Grabkammer tonnengewölbt und durch eine steinerne Innenwand mit abgerundeten Ecken in der Vorkammer und linksseitig eingelassenem breiten niedrigen offenen Durchgang mit geradem Sturz, durch den man nur in gebeugter Haltung treten kann, voneinander geschieden. Innenwände und Gewölbe waren zuletzt im 19. Jh. überputzt worden. Beide Innenräume sind vollständig leer und, bis auf die Wand- und Gewölbefarbfassung, schmucklos angelegt. Die leere Begräbnisstätte soll durch ihr Leersein die Auferstehung anzeigen.

An den Außen- und Innenwänden haben sich dutzende Inschriften von Pilgern erhalten, als Röteldarstellung auf dem Stein oder in diesen eingeritzt. Die älteste von ihnen datiert aus dem frühen 17. Jh. (1607): Hic fuit Daniel Rudolphus Griphishagensis Pomeranus Ao MDCVII“ (Hier war Daniel Rudolf von Greifenhagen Pommern). Andere aus der ersten Hälfte des 17. Jhs. erhaltene Inschriften sind „Hans Hildebrandt 1610“, „Hans Adam von Görlitz 1611“, Martin Haus es 1624“, „Lorentz Andreas Hans Heinss 1630“, Christoph Menze / 1634“, „Mattheus Wimmer von Frankenstein“ und viele andere mehr.

In der bereits erwähnten ehemaligen Augustinerkirche, der heutigen Pfarrkirche St. Marien in Sagan von 1604, einem dreischiffigen Sakralbau, der im 14.Jh. mit mittelalterlichen Gewölben erbaut, nach Stadtbränden im 15. und 16. Jh.  umgestaltet und innen von Martin Frantz, dem bekannten Liegnitzer Architekten, der für die Gnadenkirchen in Hirschberg und Landeshut verantwortlich war, ab 1732 barockisiert wurde, hat sich an einer Kapelleninnenwand ein 12qm großes Wandmalerei-Fragment erhalten, das die drei Marien nahe der Heilig Grabkapelle zeigt, wie diese in Görlitz und Sagan überkommen ist.  Die Tempera-Wandmalerei, 2016 noch in schlechtem Zustand, entstand in der ersten Hälfte des 17. Jhs. und ist die älteste Darstellung  der Heilig-Grab-Kapelle in Sagan.

Ob die Architektur der einst in Sagan neben der Heilig-Grab-Kapelle benachbarten ehemaligen Heilig-Kreuz-Kapelle jener der Adam- und Golgatha-Kapelle in Görlitz entsprach, ist nicht bekannt.

Die Adam- und Golgatha-Kapelle respektive Heilig-Kreuz-Kapelle in Görlitz ist eine spätgotische Doppelkapelle vom Typ Karner-Kapelle. Für das Bauwerk soll es seit 1464/65 Neubaupläne gegeben haben. 1473 wurde von Bürgern der Bauplatz für die Erbauung der Kapelle gespendet. Das Erdgeschoss nimmt die Adamskapelle auf, das Obergeschoss die wie in Jerusalem über eine Außentreppe zu erreichende Golgatha-Kapelle.

Der ebenfalls aus Sandsteinquadern gefügt Bau ist nach Westen steil gegiebelt und sein hohes Satteldach, auf dem ein nadelartiger Dachreiter sitzt, nach Osten abgewalmt. Die Unterkapelle ist kryptenartig gedrungen und mit Netzgewölbe ausgestattet. Eindrucksvoll ist der außen und innen zu sehende künstliche Mauerspalt in der Ostwand. Er entspricht dem in Jerusalem im Felsen vorhandenen und sichtbar gehaltenen Riss, der dort allerdings horizontal verläuft. Auffällig ist an der Adam- und Golgatha-Kapelle neben dem Mauerspalt eine gewisse Unfertigkeit der Fassade: zierliche Strebepfeiler, die keinen Halt geben, unterschiedliche Quaderformate in Erd- und Obergeschoss und darüber im Giebel und in der Unterkapelle das die Spitzbogenfenster beträchtlich überschneidende Deckengewölbe, infolgedessen tiefe Stichkappen für den Lichteinlass ausgebildet sind. Der Mauerspalt und die Unfertigkeit der Architektur weisen auf das Erdbeben beim Sterben Christi hin.

Die Deutung des Spalts, der vom Fußboden hinter dem Altar bis zum Gewölbescheitel und hinauf in die Golgatha-Kapelle führt, entspricht dem unvollständigen Zitat auf der Vorderseite der Altar-Stipes „Und siehe da, der Vorhang des Tempels zerriss, Matthäus 27, Vers 31/32“. Eine winzige Sakristei, in der nach Überlieferung eine Nachbildung des Leichnams Christi außerhalb der Osterzeit verwahrt wurde und 1537 verloren gegangen sein soll, ist nördlich des Altars (Kastenaltar) angeordnet.

Die Unterkapelle ist als symbolische Grabstätte Adams zu deuten. Nach der Legende stand das Kreuz Christi über Adams Grab (zugleich bildliche Interpretation für Christi Erlöserwerk). Die Ober- bzw. Golgatha-Kapelle besitzt den Charakter einer Heiltumskapelle über dem Ort der Totenfürbitte. Im Gegensatz zur Adamskapelle wird hier von allen bedrückenden und bedrängten Formen Abstand genommen. Den gewölbten Raum kennzeichnen ringsum hohe und weite Spitzbogenfenster mit kielbogig überschnittenem Maßwerk für eine Lichtdurchflutung. Es gibt an der Ostwand ein Podest, auf dem ein romanisch gestalteter Tischaltar steht und in das eingelassen sind: eine Rinne, die in Verbindung zu dem Mauerspalt steht, und drei kreisrunde Vertiefungen, die die Löcher für die Kreuze Christi und der beiden Schächer darstellen.

Die heute vermutlich an der Stelle der ehemaligen Heilig-Kreuz-Kapelle in Sagan ca. 40 Schritte von der Heilig-Grab-Kapelle entfernt stehende Friedhofskapelle ist wie das dieser benachbarte Salbhaus mit der Rückseite in die Friedhofsmauer eingebunden. Nur die Heilig-Grab-Kapelle ist freistehend etwas weiter abseits auf dem Friedhof exponiert. Störend wirkt sich die Sandsteinblockeinfassung eines später entstandenen monumentaleren Grabmals quer vor dem Eingang der Heilig-Grab-Kapelle aus. Das Gesamterscheinungsbild und speziell die Vorderansicht der Heilig-Grab-Kapelle erfährt dadurch eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung (anders als in Görlitz wird der Zugang der Saganer Heilig-Grab-Kapelle auch nicht (mehr?) durch eine außen links und rechts davor aufgestellte niedrige Sandsteinwange gesäumt, die zusammen mit einem dritten quer positionierten größeren Stein etwas weiter vorne (symbolhaft zur Seite gewälzter Grabstein) die bei der Auferstehung zerbrochene Grabplatte andeuten (Dehio).

Das Saganer Salbhaus ist an der Vorderseite mit einer ähnlich flachen Korbbogenöffnung versehen wie das Salbhaus in Görlitz und die Skulpturen der Beweinung Jesu (trauernde Maria mit Leichnam Jesu Christi) sind analog Görlitz in Szene gesetzt. Beide Salbhausdächer sind ähnlich abgeschrägt, nur dass in Sagan Wetterschutzvordach und Schmuckeingangsgitter fehlen.

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Mit dem Begriff Heiliges Grab werden in der Kunstgeschichte sowohl bauliche Nachahmungen der Rotunde im Zentrum der Grabeskirche in Jerusalem benannt als auch architektonisch reduzierte Anlagen mit figürlichen Szenerien. Die Heilig-Grab-Bauten können dem Vorbild eng oder nur in einzelnen Motiven folgen, freistehend auf den Kirchhof oder in einen Kirchenbau eingestellt. Reduzierte Anlagen sind oft in Form von Wandnischen im Kircheninneren enthalten und häufig mit lebensgroßen Figurengruppen. Solche Ensembles wurden im Mittelalter einbezogen in liturgische Osterspiele. Der Leichnam Christi ist manchmal herausnehmbar (so bis zu seinem Verschwinden auch in der Unterkirche der Görlitzer Adam- und Golgatha-Kreuzkapelle) oder als flaches Relief leicht abzudecken. So konnte im Rahmen der Osterliturgie zunächst die Grablegung mit dem Leib Christi visualisiert werden, später dann mit entnommenem oder abgedecktem Leichnam die Auferstehung mit dem leeren Grab (aus: Wikipedia).

Es gibt heute noch Nachbildungen des Grabes Christi in ganz Deutschland, meist von bürgerlichen Stiftungen errichtet, von denen Görlitz die ausführlichste und kopistisch genaueste Anlage bereithält.  Hier verschmilzt der Kalvarienberg mit Stadt und Landschaft.

Die Heilig-Grab-Kapelle in Sagan / Żagań gilt als früheste und zugleich genaueste Kopie der Heilig-Grab-Kapelle in Görlitz, die als getreuer Nachbau der Grabeskirche in Jerusalem in der Architekturausbildung, wie sie Anfang des 11. Jhs. bis 1555 bestand, betrachtet wird und selbst im Heiligen Grab am Nürnberger Norisstift von 1459  seinen wichtigsten Vorgängerbau hat. Ein Nachbau jenes Nürnberger Heiligen Grabs war auch das Heilige Grab in Gelnhausen 1490.  Wahrscheinlich ist, dass der Plan für die Görlitzer Kapelle nach Illustrationen Erhard Reuwichs entstand, der zusammen mit dem Mainzer Domherrn, Bernhard von Breydenbach, nach Jerusalem gereist war und seine Skizzen in Breydenbachs 1486 erschienenen Buch „Peregrinatio in terram sanctam“ veröffentlicht hatte.

Nicht immer sind die Nachbauten des Heiligen Grabes von Jerusalem also freistehende Kapellen. Das in das südliche Seitenschiff der Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode eingebaute Heilige Grab zählt mit seiner Datierung in das 11. und 12. Jh. zu den ältesten Nachbildungen in Deutschland.

Die Nachahmungen der Heilig-Grab-Kapelle sind manchmal mit Kopien der über und um das Heilige Grab herum errichteten Anastasis-Rotunde in einem Zweiertypus verschmolzen. Bedeutende erhaltene mittelalterliche und spätmittelalterliche Heilig-Grab-Nachbauten sind die Anlagen in San Sepolcro in Acquapendente (11. Jh.), Sainte-Foy in Sélèstat, in St. Cyriakus in Gernrode, im Dom zu Aquileia (sämtlich 11. Jh.), in der Kapuzinerkirche in Eichstätt, in Santo Stefano in Bologna, in St. Jean in Aubeterre (jew. 12. Jh.), in der Konstanzer Mauritiusrotunde (13. Jh.), in San Pankratius in Florenz, Gelnhausen, auf dem Sacro Monte die Varello (jew. 15. Jh.), in Görlitz, in der Annakirche in Augsburg und das Heilige Grab des Sacro Monte di San Vivaldo (jew. erstes Viertel 16. Jh.) sowie in Żagań (Ende 16. Jh./Anf. 17. Jh).

Der Eingang im Osten und die innere Kammer im Westen entspricht bei dem Bau der Heilig-Grab-Kapelle in  Sagan  wie in Görlitz dem Salomonischen Tempel. Die zahlreichen Inschriften aus vier Jahrhunderten von Pilgern auf den Wänden der Heilig-Grab-Kapellen in Görlitz und Sagan sind der Beweis, dass der Bau ein vielbesuchtes Pilgerziel war. Die Pilger-Inschriften stellen außerordentlich wichtige Zeugnisse der Geschichte dar. Sie sind eine Vorform heutiger Graffiti.

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Eine Gefährdung der wertvollen Bausubstanz der Heilig Grab-Kapelle in Sagan / Żagań ging in erster Linie von dem flachen Steinplattendach aus. Die Eisenklammerverbindungen waren korrodiert, so dass den Sandstein-Deckplatten durch Frost-Tauwechsel Absprengungen drohten. An ihnen hatten  sich Flechten, Moose, Algen und anderer Gewächse ausgebreitet und einen dicken feuchten Pflanzenteppich gebildet. Dadurch wurde das Fugennetz des Dachs angegriffen, was zu Dachundichtigkeiten und Steinausblühungen im Grabkammer-Gewölbe führte. Steinquadern und bemalten Oberflächen hafteten lose weiße kristalline Salze an. Mineralische Krusten hatten sich auf Stein- und Putzoberflächen gebildet, hart und kompakt sowie von variabler Dicke und Ausdehnung. An mikrobiologischen Organismen fanden sich auch an den Oberflächen im Gebäudeinneren vermehrt Pilze, Algen, Flechten und  Moose. Vorgenanntes Schadensbild wirkte sich substanzgefährdend auf die poröse Struktur des Sandsteins und des Putzüberzugs auf. So waren letzterer und der Anstrich partiell abgängig, vor allem in den Gewölbezonen aber auch an den Innenwänden.

Nach Ende 2015 erfolgter restauratorischer Voruntersuchung kamen Kirchengemeinde und Woiwodschafts-Denkmalamt in Grünberg / Zielona Góra überein, 2016 die erforderlichen Erhaltungsarbeiten auszuführen. Als Maßnahmenprogramm verständigte man sich auf die konservatorische Reparatur der Stein-Dachfläche, des Steingewölbes innen und der Innenwände und Außenfassade sowie die Durchführung weiterer restauratorischer Untersuchungen und die Erstellung einer ausführlicheren Dokumentation der erfolgten Erhaltungsarbeiten.

Zunächst erfolgte ab Sommer 2016 die konservatorisch-restauratorische Reparatur der 21qm großen Dachflächen einschl. Dachlaterne. Es wurde der auf den Steinoberflächen angesammelte lose Bewuchs mechanisch entfernt. Dann wurde die Oberfläche der Dachdecksteine mit dem Biozid ex. Grünbelag-Entferner der Fa. Remmers desinfiziert. Im nächsten Arbeitsgang wurden die verbliebenen Flechten-, Moos- und Algenkolonie-Rückstände und Mikroflora-Sporen mechanisch entfernt. Dabei wurde druckgereinigt mit Dolomitmehl, Glasperlen und Schleifgarn und anschließender Bürstenreinigung. Daraufhin fand eine Entsalzung des Sandsteins statt (mit dreifacher Wiederholung des Verfahrens), so dass das Salz an die Steinoberfläche transportiert und dort austreten konnte. Sodann wurde der Sandstein partiell gefestigt mit Steinfestiger KSE 100 und 300. Risse im Sandstein wurden verfüllt durch Injektion mit dem Injektionsbinder Remmers KSE 500 STE mit passenden Farbzuschlägen und Pigmenten), der auch zur Festigung abscherbelnder Sandsteinschollen Anwendung fand. Dabei hatte man nach dem Einweichen vier Wochen zu warten, bis der Stein weiterbehandelt werden konnte.

Die Fugen erneuerte man vollständig mit mineralischem Mörtel, gemäß des überkommenen Befunds und wie in Görlitz vorhanden rosa eingefärbt. Mineralischer Mörtel wurde auch zur Verfüllung von Hohlräumen verwendet. Um das optimale Bindemittel zu verwenden, wurden vorher Tests mit elastischer wässriger Epoxidharzemulsion (ECC Fugenmörtel Remmers) und farbigem Restaurier-Mörtel SK Remmers vorgenommen. Die Vornahme einer vorbeugenden Desinfektion der Oberflächen mit dem BFA Biozid (Remmers) war der vorletzte Schritt bis zur Fertigstellung der konservatorisch-restauratorischen Reparatur des Steindachs. Zuletzt sind die Dachsteine mit der Silikonrezeptur Remmers Funcosil SL hydrophobiert worden, und zwar „nass in nass“ durch Sprühen und Bürsten.

Im nächsten Arbeitsschritt folgte ab Anfang Oktober 2016 die konservatorische Restaurierung des Gebäudeinneren. Als erstes sind hier eine stratigrafische Untersuchung (an vier Stellen der Raumschale), eine mikrochemische Untersuchung (an vier Stellen), eine petrografische Untersuchung (an einer Stelle) und eine Salzanalyse (an einer Stelle) mit Erstellung eines Schadensberichts durchgeführt worden. Die anschließende Desinfektion der Oberflächen erfolgte analog des Steindachs. Partiell notwendige Steinfestigungen wurden mit Remmers OH 100 und OH 300 nass in nass ausgeführt. Salzausblühungen an der Gewölbe- und Wandoberfläche entfernte man mechanisch. Die anschließende Entsalzung des Mauerwerks geschah mittels Kompressen (Zellstoffwatte mit destilliertem Wasser unter Hinzufügung eines Biozids (Aseptina 1-3%). Zur Vermeidung einer typischen Rostverfärbung des Sandsteins bei dieser Behandlung wurde vorher die optimale Lösung an einer kleinen Versuchsfläche der Raumschale ausgetestet. Die Fugen innen wurden repariert. Nachdem das Woiwodschafts-Denkmalamt auf der Grundlage der vorgenommenen Wanduntersuchungen und -analysen zuletzt entschieden hatte, dass der Sichtputz in der Grabkammer, der aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs. stammt, abzunehmen ist, um den darunter befindlichen Putz zum Vorschein zu bringen, da man jüngst auf ihm Inschriften aus dem 17. Jh. entdeckte, wurde jetzt dieser ältere Wandputz freigelegt, gesichert und ergänzt. Weiterhin erfolgte eine Revitalisierung der Wand- und Gewölbefarbfassung (im Zustand des 17. Jhs.). Die Raumschale der Grabkammer ist dadurch dem sandfarbenen Vorbild in Jerusalem wieder nahe gerückt.  Das Denkmalamt stimmte einer Rekonstruktion der Gitter der beiden Fensteröffnungen der Vorkammer als geschmiedeten Stäbe zu, die in Einstecköffnungen in den Fensterlaibungen montiert sind, und auch einer Verglasung.

Was die Bearbeitung der Außenfassade betrifft, ist es hier darum gegangen, die äußeren Steinmauern mit den Inschriften in der bestehenden Form zu bewahren inkl. der anzutreffenden Materialien und durch konservatorische Maßnahmen die natürliche Abnutzung/Verwitterung der Denkmalsubstanz zumindest zu verlangsamen.

Nach ihrer Desinfektion mit dem Biozid ex. Grünbelag-Entferner von Remmers wurden die Fassadensteine behutsam und nur dort, wo erforderlich, handgereinigt, d.h. Staub und Schmutz entfernt, mit mechanischen oder chemischen Mitteln und Dampfstrahlung. Steinreparaturen sind an allen notwendigen Stellen erfolgt. Die Oberfläche der Säulenplinthen der Grabkammer wurde leicht abrasiv (durch Abschleifen) gereinigt. Anschließend erfolgte die Vorbehandlung des Natursteins mit Remmers Antihygr, einem wässrigen Schutzstoff für Natursteine mit tonig, mineralischem Gefüge gegen hygrisches Quellen. Dann wurde dem Festigkeitsverlust des Sandsteins mittels Steinfestiger auf Kieselsäureethylesterbasis (Remmers KSE 100 und KSE 300) durch wiederholtes Auftragen mit der Bürste „nass in nass“ auf 90% der Oberfläche begegnet. Absandungen und Abscherbelungen der Steinoberfläche wurden durch Verkleben respektive Kalkmörtelinjektionen ex. PLM auf einer Fläche von zusammen ca. 3% konsolidiert. Steinschäden wie vor allem sich ausdehnende Fehlstellen (d.h. kleine Löcher, Risse, lokale Korrosionsstellen) wurden mit Remmers Kalksteinestauriermörtel behoben. Bei älteren Stellen, die mit weniger substanzverträglichem Steinersatz behandelt worden sind, ist ein Materialaustausch erfolgt.

Wegen des Winters 2016/17 mussten die Arbeiten unterbrochen werden, infolgedessen es Fertigstellungsdispens bis Juli 2017 gab, den die Restauratoren haben voll ausschöpften, denn erst Ende Juni 2016 war es nach vorhergegangenen Regenmonaten trocken genug für die Ausführung der Restarbeiten gewesen.  Ende Januar waren 61 Prozent der DPS-BKM-Fördermaßnahme innen und 84 Prozent außen ausgeführt gewesen.

Das Problem der Feuchtigkeit des Gewölbes der Grabkammer der Heiliggrab-Kapelle ist ein immanentes Merkmal des Denkmals. Die Auswirkungen der jahrhundertelangen Wasserdurchdringung in die Struktur von Stein und Fugen sind gut sichtbar. Im Spätherbst 2016 wurde ein kompletter Fugenmörtelaustausch an Laterne und Kapellendach vorgenommen. Die Fugen wurden aufgrund der tief eingedrungenen Feuchte bis in eine Tiefe von 7-8cm ausgekratzt. Der offene Fugenspalt von Stein zu Stein betrug dann ca. 3-4 cm. Daraufhin wurden die Fugen mit Optolith vergossen, das die Feuchtigkeit aus dem Stein bindet, und anschließend mit wasserdichtem Mörtel verschlossen. Die verwendete mineralische Emulsion ECC Fugenmörtel Epoxidharz (Remmers) erwies sich leider als unwirksam. Die am Dach angewandten Abdichtungstechniken schienen die Feuchtigkeit beim Gewölbe der Grabkammer zu verdoppeln. Beim Gewölbe der Vorhalle der Heiliggrab-Kapelle machte sich das Feuchtigkeitsproblem indes nicht bemerkbar. Auch die Anfang Mai 2017 begonnene Hydrophobierung der gesamten Dachfläche mit der Vorbereitung in Form von Funcosil SL Siloxan (Remmers) hat keine spürbare Verbesserung gezeigt. Daher wurde beschlossen, die Verfugung des ganzen Dachs auszutauschen. Die Fugen wurden wieder geöffnet, der Mörtel wie im Herbst komplett entfernt. Die Fugen wurden mit Druckluft ausgespült und die Oberfläche getrocknet, um anschließend lose Partikel und Staub zu entfernen. Dann erfolgte eine Imprägnierung der offenen Fugen. Für die Konsolidierung wurde KEIM I & F-Grund für besonders schwierige Anwendungen ausgewählt. Nach 24 Stunden wurden heiße Luft in die offenen Fugen geblasen und letztere anschließend mit einer elastischen Dichtmasse auf Basis von MS 150 Remmers Hybridpolymeren (Dicke ca. 2 cm) erneut verfüllt. Nach weiteren 24 Stunden wurde der Abdichtungsmörtel aufgetragen „Mineralische elastische Wasser-Emulsion ECC Fugenmörtel Epoxidharz (Remmers)“. Während dieser Maßnahme war das Steindach der Heiliggrab-Kapelle durch ein Schutzdach vor Regen geschützt. Die Dachabdichtung wurde durch Aufsprühen von Funcosil SL (Remmers) verstärkt.

Erwähnenswert ist, dass die Inventarisierung-Whitecard von 2005 zu dem Objekt die Information enthält, dass das Dach mit Japanpapier abgedichtet gewesen sein soll. Allerdings gibt es keine Bestätigung dieser Information. Im Objekt waren indes Spuren von Teerresten an der Raumschale vorzufinden. Es gibt auch keine Erwähnung im Zusammenhang mit einer solchen Papierabdichtungsarbeit, bei der nach 2005 die Papierabdeckung wieder abgenommen worden wäre.

Aufgrund der Besonderheiten der Steinstruktur muss das Objekt genau überwacht werden und bei weiteren Untersuchungen geprüft werden, ob die angewandten Lösungen ineffektiv sind und die Dachabdichtung dann durch ein engeres Fugenetz (durch Stoßen der Dachsteinplatten) verbessert werden kann.

Die Restarbeiten, bei denen es um die Beruhigung der Fassadenflächen außen und die Hydrophobierung der Außenwände ging, wurden im Juni 2017 ausgeführt. Desinfektions-, Reinigungs-, und modifizierte Korrekturmörtelkorrektur- und Hydrophobierungsarbeiten standen an..Nachdem der Winter desinfizierte Wandpartien anfällig für das Wachstum von Pflanzen gemacht hatte, sind die Steinoberflächen mit Dampf und mechanisch gereinigt worden. Die hydrophobe Abdichtung der Außenfassade ist mit Siloxan Funcosil SL (Remmers) erfolgt, und zwar gesprayt, „nass in nass“.

In der Grabkammer wurde die weißliche Tünche im Gewölbebereich in Gänze entfernt, analog wurde bei den Wänden vorgegangen. Um das Erscheinungsbild der Wandoberflächen homogen zu gestalten, wurden, nach der letzten Dachabdichtungsmaßnahme und Abwarten des Abtrocknens der Gewölbefeuchtigkeit. Retuschen mit Remmers Kalk und Kalkstein Laserunkami Pigment 5% Paraloid B82 vorgenommen.

In der Grabkammer wurde eine Eichen-Platte installiert, die als Altartisch und Grabplatte dienen kann.

Die Fenster der Vorhalle sind mit Verglasung und Gitter als künstlerisch zurückhaltende Neugestaltung in Abstimmung mit dem Denkmalamt versehen worden. Von der ursprünglichen Idee einer gestalteten Vollverglasung, die auch in Goerlitz zur Anwendung kommen sollte, hat man sich wegen des problematischen Innenraumklimas verabschiedet und stattdessen die Fenster nicht luftdicht, sondern mit offener Spaltumrahmung eingebaut, um eine konstante Luftzirkulation zu gewährleisten.

Die von der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz (DPS), Görlitz unterstützte konservatorische Restaurierung der Heilig-Grab-Kapelle kostet rund 25.000 EUR und ist finanziert mit Mitteln des Woiwodschafts-Denkmalamts Lebus / Lubuskie, der Kommune Sagan / Żagań und einer Zuwendung der Beauftragten der deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien mit der DPS als Maßnahmenträger. Die Fördermittel der Bundesrepublik Deutschland wurden der DPS explizit für die konservatorische  Restaurierung der Außenfassade und der Innenraumschale bewilligt.

Von der Kirchengemeinde mit den Erhaltungsarbeiten an der Heilig-Grab-Kapelle beauftragt wurde die Restauratoren-Arbeitsgemeinschaft Fa. Monument Service Marcin Kozarzewski aus Michałowice in Großpolen (Leader) und Fa. Gorek Restauro Sp. z o.o. Spólka Komanytowa aus Warschau / Warszawa (Partner), die mit ihrem preisgünstigsten Kostenangebot aus dem beschränkten Wettbewerb, der mit drei Bietern stattgefunden hat, als Gewinner hervorgegangen ist.

Die Arbeiten an Dach, Fassaden und Innenraumschale wurden von nachfolgenden Mitarbeitern ausgeführt: Mgr Mariusz Pacoszvnski,, Mgr Andrzej Figlarz, Andrzej Nizwantowski, lgor Patsula – Maurer, Marein Salek – Helfer und Firma Stacha – Krzysztof Morek – Reinigung

Als zusätzliche Kosten verursachende flankierende wissenschaftliche Maßnahmen wurden die beiden Heilig-Grab-Kapellen in Sagan und Görlitz von der Restauratoren-Arbeitsgemeinschaft Monument Service und Gorek Restauro Sp. z o.o. gründlich inventarisiert und die Pilger-Inschriften  auf den Wänden zur kalligrafischen Erforschung durch Graphologie-Experten kartiert. Die Inventarisierung erfolgte durch Anfertigung und gestalterische Präsentation verzerrungsfreier und maßstabsgerechter Fotoaufnahmen inkl. deren Verarbeitung und die Erstellung eines 3D-Architekturinventars mittels Laser-Scanning inkl. Entwicklung von 3D Modellen. Alle auffindbaren Inschriften wurden in einem Kartierungs- und Fotokatalog dokumentiert (mit Detailfotos in Direkt- und Schrägansicht (Streiflicht) und UV). Zuletzt wurden die Kataloge wissenschaftlich ausgearbeitet.

Eine umfangreiche Dokumenation der gesamten Restaurierungsetappe 2016/17 ist von der Arbeitsgemeinschaft Fa. Monument Service Marcin Kozarzewski und Fa. Gorek Restauro Sp. z o.o. Spólka Komanytowa ebenfalls gefertigt worden.

 

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Die architektonische Form mit dem Ziborium und das Innere der Heilig-Grab-Kapelle sind zwar in Jerusalem abgeschaut, jedoch befindet sich die Architektur in Sagan / Żagań in einem viel feuchteren Klima. Es kommt wesentlich häufiger zur Ansammlung von Wasser, das das schnelle Wachstum schädlichen Pflanzen an den Oberflächen des porösen Steins fördert. Die Fugen müssen deshalb unbedingt dicht sein. Hydrophobierung erhöht den Schutz vor Flechten- und Algenbefall indem sie das Wachstum der Mikroflora reduziert. Auch schützt sie vor der Bildung dunkler Feuchteflecken. Deshalb sollte, so die Restauratoren, das Objekt einmal im Jahr und gereinigt und prophylaktisch desinfiziert werden.

Besonders wartungsintensiv sind Metallteile wie eingefügte Anker, Scharniere und Gitter, bei denen Korrosion entsteht.

Die Wirkung von Grundwasser auf die Stein-Kapillare kann auch zu Schäden führen. Das Verfüllen mit Kies anstelle eines Traufpflasters wie in Sagan gegeben ist eine Alternative, da Kies gut durchlässig ist, so dass keine Feuchtigkeit angesammelt wird. Rückführung und Bewahrung des ursprünglichen Bodenniveaus ist ratsam, um Wasser nachhaltig vom Gebäude abzuhalten. Eventuell müssen dazu von Zeit zu Zeit Erdarbeiten durchgeführt werden.

 

Am 28. Januar 2017 fand im Schloss Sagan auf Einladung des Bürgermeisters und der Kirchengemeinde Maria Heimsuchung eine Veranstaltung statt, bei der den interessierten Bürgern der Stadt die Ergebnisse des Restaurierungsprojekts vorgestellt und die in Vergessenheit geratene Bedeutung der Heilig-Grab-Anlage ins Bewusstsein gerufen wurden. Kunsthistoriker aus Thorn / Toruń brachten den zahlreichen Teilnehmern den hohen Denkmalwert der Heilig-Grab-Kapelle in Erinnerung und Vertreter der DPS legten dar, dass mit der finanziellen Unterstützung aus Deutschland für das Restaurierungsprojekt ein Beitrag zur Stärkung der deutsch-polnischen Beziehungen auf dem Gebiet der Denkmalpflege und der Erhaltung des europäischen Kulturerbes geleistet worden ist. Die Hoffnung des zuständigen Pfarrers war, nachdem sich auch die Stadt an der Restaurierung der Heilig-Grab-Kapelle beteiligte, dass in weiteren Etappen die marode Friedhofsmauer instand gesetzt und das Salbhaus restauriert wird sowie eine stadtplanerische und städtebauliche Verbesserung der unmittelbaren Umgebung des Denkmalensembles – am Fuße der historischen Anlage tut sich Banalarchitektur in Form größerer Gewerbebauten auf – eingeleitet wird.

Die Deutsch-Polnische Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz (DPS) könnte die Restaurierung der wertvollen Sepulkralanlage in Sagan weiter unterstützen, und zwar konkret die Restaurierung des Salbhauses und die Rekonstruktion einer auf dem Friedhof entdeckten wertvollen barocken Marienskulptur ohne Kopf, die an der Eingangspforte zu der weitläufigen Sepulkralanlage wiederaufgestellt werden soll. Wenn Sie bei diesem Projekt mithelfen wollen, können Sie spenden auf unser Spendenkonto Deutsche Bank PGK AG Görlitz, IBAN: DE 80 8707 0024 0823 3660 00, BIC: DEUTDEDBCHE (als Kennwort bitte Sagan, Heiliges Grab angeben). Zuwendungsbestätigungen werden wir Ihnen gerne zusenden.

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  • Restauratoren-Arbeitsgemeinschaft Konsorcjum „Monument Service Marcin Kozarzewski, Michałowice  (Leader) und Gorek Restauro Sp. z o.o. Spólka Komanytowa, Warszawa (Partner)“
  • Fachliche Beratung: Woiwodschafts-Denkmalamt in Zielona Góra (Grünberg)
  • Eigentümer und Bauherr: Parafia Rzymskokatoloicka pw. – Nawiedzenia NMP w Żaganiu, ul. Podgórna 16, PL–68-100 Żagań
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  • Monumente – Magazin für Denkmalkultur Deutschland. Eine kleine Kulturgeschichte der heiligen Gräber. Online-Ausgabe von April 2015 (Link: http://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2005/2/reise-nach-jerusalem.php#.WFWNKlPhDm4 )
  • Horst Wenzel. Georg Emmerich und das Heilige Grab in Görlitz. Görlitz 2009
  • Ines Anders, Markus Winzeler. Lausitzer Jerusalem – 500 Jahre Heiliges Grab zu Görlitz. Görlitz –Zittau 2005
  • Till Meinert. Die Heilig-Grab-Anlage in Görlitz – Architektur und Geschichte eines spätmittelalterlichen Bauensembles. Esens 2004
  • Jan Pieper /Anke Naujokat / Anke Kappler. Jerusalemskirchen – Mittelalterliche Kleinarchitekturen nach dem Modell des Heiligen Grabes. Aachen 2003
  • Franciszek Mróz. Sanktuaria i kaplice. Bożego Grobu w Polsce, in: in: Peregrinus Gracoviensis, Zeszyt 8, 2000. S. 79-113
  • Gustav Dalman. Das Grab Christi in Deutschland. Leipzig 1992
  • Geneviève Bresc-Bautier. „Les imitations du Saint-Sépulcre de Jérusalem (IXe – Xve siècles). Archéologie d’une dévotion“, in: Revue d’Histoire de la Spiritualité 50 (1974). S.319-342

 

Abbildungshinweis zu Heilig-Grab-Kapelle Sagan / Żagań:

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